Task-Force gegen den Pleitegeier

Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) möchte eine Sanierungsbeteiligungsgesellschaft gründen. Not leidenden Betrieben soll so kurzfristig geholfen werden: mit Know-how und Krediten. Die Wirtschaft in der Hauptstadt wächst in diesem Jahr voraussichtlich um 1,5 bis 2 Prozent

von RICHARD ROTHER

Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) plant die Errichtung einer so genannten Sanierungsbeteiligungsgesellschaft. Das sagte Branoner gestern bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes. Die voraussichtlich bei der Landesstrukturbank angesiedelte Gesellschaft, deren rechtliche Struktur noch unklar ist, soll Not leidenden Betrieben kurzfristig helfen und so Konkurse verhindern, die zu Arbeitsplatzverlusten führen. Herkömmliche Mittel des Krisenmanagements sind oft zu schwerfällig; bis Banken neue Notkredite vergeben, vergeht zu viel Zeit.

Die Sanierungsbeteiligungsgesellschaft werde allerdings nicht „in die Kräfte des Marktes eingreifen“, betonte Branoner. Vielmehr gehe es darum, „einschätzbare Risiken zu übernehmen“, um Arbeitsplatzverluste zu verhindern. Darüber hinaus soll die Gesellschaft kurzfristig Know-how zur Verfügung stellen – vor allem im Managementbereich. „Oft entstehen Krisensituationen nur, weil Manager überarbeitet sind“, sagte Branoner. Hier könne und müsse schnell geholfen werden. Die Finanzierung der Firmen-Task-Force ist allerdings noch unklar. Die Errichtung der Gesellschaft soll zudem noch mit Gewerkschaften und Unternehmerverbänden abgesprochen werden.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin bewertete Branoner gestern positiv. Im Jahr 2001 rechnet Branoner mit einer Wachstumsrate von 1,5 bis 2 Prozent. Damit werde die Schere zwischen Bundesdurchschnitt (plus 2,5 Prozentpunkte) und Berlin kleiner. Auch die Arbeitsmarktlage werde sich entspannen. Bis Dezember könne die Arbeitslosenzahl voraussichtlich unter 250.000 und damit auf 14,8 Prozent sinken. Damit liegt die Arbeitslosenquote aber noch deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 9 Prozent.

Vor allem von neuen Medien, Dienstleistungsbereich und Tourismus seien Anstöße zu erwarten, so Branoner. Die Zahl der Hotelübernachtungen sei im vergangenen Jahr um 25 Prozent auf rund rund elf Millionen gestiegen. Berlin sei damit europaweit auf den vierten Platz vorgerückt. „In diesem oder im nächsten Jahr wollen wir Rom überholen“, erklärte der Wirtschaftssenator. Derzeit würden Hotels mit einer Kapazität von insgesamt 5.000 Betten gebaut. Das entspricht einem Investitionsvolumen von zwei Milliarden Mark.

Sorgen bereitet allerdings der Export der Berliner Industrie. Die Exportquote habe sich zwar von 1991 bis 2000 verdoppelt – sie liegt allerdings deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die EU-Osterweiterung bedeute eine zusätzliche Chance für Berlin, so Branoner. Eine Studie des Osteuropa-Instituts der FU hat jetzt jedoch ein ernüchterndes Fazit gezogen. Berlin habe es als einziges Bundesland nicht geschafft, seine Exporte zu steigern, so die Wissenschaftler. Der Berliner Anteil an den deutschen Exporten sei seit 1991 von 2,10 auf 1,28 Prozent im September 2000 gefallen.

Hauptursache dafür dürfte der Niedergang des Verarbeitenden Gewerbes sein. Arbeiteten 1991 noch 314.000 Menschen in diesem Sektor, so waren es 1999 noch 166.000. Tendenz: fallend. Berlin müsse jedoch ein Industriestandort bleiben, so Branoner. Bei der Akquise müsse dies stärker kommuniziert werden.