Streit um Garchinger Atomei

Eigentlich wollte Rot-Grün den Münchener Reaktor auf niedrig angereichertes Uran abrüsten. Doch daran erinnert sich das Bundesforschungsministerium nur ungern

BERLIN taz ■ Zwischen den Grünen und der SPD bahnt sich ein neuer Konflikt in der Atompolitik an. Diesmal geht es um den fast vollendeten Neubau des Forschungsreaktors München (FRM II). Eigentlich wollte die rot-grüne Regierung ihn von hoch auf niedrig angereichertes Uran umrüsten lassen. Doch jetzt rückt das Bundesforschungsministerium von dieser Linie ab.

„Der Einsatz von waffenfähigem Uran in Forschungsreaktoren ist hoch problematisch und außenpolitisch bedenklich“, heißt es im rot-grünen Koalitionsvertrag. „Deshalb wird die Regierung überprüfen, ob Möglichkeiten einer Umrüstung des Forschungsreaktors München II bestehen“. Eine Expertenkommission ist mittlerweile zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Umrüstung tatsächlich möglich ist. Die bayerische Regierung, die sich auf ihre Eigentumsrechte an dem Reaktor beruft, läuft dagegen Sturm. Und im Forschungsministerium will man nun einen Kompromiss finden. „Der Reaktor ist Eigentum Bayerns. Wir können ja nicht ein Land beliebig anweisen“, erklärt Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen.

Der Koalitionspartner ist irritiert. „Mit den Grünen waren Catenhusens Erklärungen nicht abgesprochen“, erklärte Hans-Josef Fell, forschungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Er besteht weiter auf der Umrüstung des Reaktors. „In der SPD gibt es dazu unterschiedliche Stimmen. Doch zumindest die bayerische SPD teilt unsere Position.“

Der Streit um Garching ist alt. Die ältere Version des wegen seiner Hülle so genannten Atomeis war im vergangenen Sommer abgerissen worden. Doch über die Erteilung der 3. Teilerrichtungsgenehmigung für die moderne Variante wird zurzeit zwischen Berlin und München verhandelt. Der von Siemens und der Münchner Universität gebaute Reaktor wird von der Bayerischen Staatsregierung als Forschungsprojekt mit großem medizinischen Nutzen und ohne Gefahren für die Umwelt bezeichnet. Doch die Sprecherin der Initiative „Bürger gegen Atomreaktor Garching“ Gina Gillig fürchtet, dass „vor den Toren Münchens ein atomares Zwischenlager entsteht.“ Bei einem unverbindlichen Bürgerbegehren sprach sich mehr als die Hälfte der Garchinger Bevölkerung gegen den FRM II aus.

Auch in den USA ist man besorgt. Denn mit dem Bau würde erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder ein Reaktor in Betrieb genommen, der mit hoch angereichertem Uran beschickt wird, das sich auch zum Bau von Atombomben eignet.

PETER NOWAK