Nur noch Durchschnitt bei Asyl

Großbritannien löst Deutschland als Spitzenreiter bei Asylbewerberzahlen in Europa ab. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung liegt Deutschland bei den Anträgen im Mittelfeld

BERLIN taz ■ Den Hardlinern in der Union gehen die Argumente aus. Deutschland ist nicht mehr das „Zielland Nummer eins“ für Asylbewerber in Europa. Vergleicht man die Zahl der Asylanträge mit der Gesamtbevölkerung, lag Deutschland im Jahr 2000 nur noch im Mittelfeld.

Bisher begründeten CDU und CSU ihre Forderungen nach einer Verschärfung des deutschen Asylrechts stets mit der „ungerechten Lastenverteilung“ in Europa. Erst vor wenigen Wochen hatte der CSU-Europaexperte Christian Schmidt gesagt: „Die im europäischen Vergleich zu großzügigen Regelungen ziehen die Leute an.“ Eine Behauptung, die der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) gestern eindrucksvoll widerlegte.

In der „Europa-Asylstatistik 2000“ des UNHCR wurde Deutschland „als Hauptzielland“ von Großbritannien abgelöst. Während im vergangenen Jahr nur noch 78.760 Menschen einen Asylantrag in Deutschland stellten (1999: 95.110), waren es in Großbritannien 97.860.

Der deutsche EU-Anteil, 1996 noch bei 50 Prozent, verringerte sich erneut deutlich auf nun 20,2 Prozent und erreichte damit einen historischen Tiefstand. Die Gesamtzahl der Asylanträge in der EU blieb mit 390.000 annäherend gleich (im Vorjahr waren es 387.000).

Wie wenig die Behauptungen von den „ungerechten Lasten für Deutschland“ mit der Wirklichkeit zu tun haben, zeigte der UNHCR mit einer weiteren, aufschlussreichen Statistik: In Relation zur Bevölkerungszahl registrierten elf europäische Länder mehr Asylanträge als Deutschland. Auf 1.000 Einwohner kamen in der Bundesrepublik lediglich 0,96 Asylbewerber. In dieser Statistik liegt Slowenien mit 4,65 Asylsuchenden pro 1.000 Einwohner europaweit an der Spitze. Auch Belgien, Irland, die Niederlande, die Schweiz, Norwegen und Österreich nahmen überproportional viele Asylsuchende auf.

Die meisten Menschen, die in Europa Asyl suchten, kamen laut UNHCR weiterhin aus Exjugoslawien, „allerdings mit stark rückläufiger Tendenz“. Ihre Zahl sank gegenüber 1999 um mehr als 60 Prozent auf rund 42.000. Bei den Herkunftsländern folgen der Irak (34.680) und Afghanistan (28.790). Mehr als verdoppelt hat sich die Zahl der Asylsuchenden aus dem Iran (von 12.100 auf 27.060). LUKAS WALLRAFF