Homogener Haufen

Einmal quer durch die Szene: Das Label Artikulabor gibt mit der Compilation „Berlin Skillz“ einen Überblick über den Berliner HipHop-Underground. Die alten Grabenkämpfe scheinen endlich vorbei

von THOMAS WINKLER

HipHop in Berlin ist immer noch eine komische Veranstaltung. Während die verschiedenen Szenen ausdifferenzierter und bunter sind als in jeder anderen deutschen Stadt und in den letzten Monaten endlich auch immer mehr Berliner Rapper und Rapperinnen Verträge bei großen Plattenkonzernen bekommen haben, fehlt es weiterhin an einem wirklich funktionierenden infrastrukturellen Mittelbau, an Independent-Labels und unabhängigen Veranstaltern.

Diese Lücke versuchte in den letzten beiden Jahren das Label Artikulabor zu füllen, dessen Compilation „Berlin Skillz – Ein HipHop-Flug über Berlin“ nun einen ersten halbwegs repräsentativen Überblick bietet – über den Berliner Underground, der hier zum Teil auch aus Brandenburg kommt.

Betreiber von Artikulabor ist Frank Wolf, sonst ein Drittel der Spreepatienten. Der investiert einen guten Teil des Geldes, das er als BMX-Profi verdient, in das Zuschussgeschäft Label, das eher zwangsläufig entstand. Alles begann mit der Anfangsidee der Spreepatienten, möglichst viele Aktivisten zu vernetzen. Auf der ersten Maxi rappten dann gleich 35 MCs, aber dieser Leviathan war kaum zu organisieren. Die Spreepatienten sind mittlerweile nur mehr ein Trio mit assozierten Künstlern, aber die Erfahrungen führten zur in Trebbin beheimateten Veranstaltungsagentur für Jams. Künstlerbooking, Tonstudio und schließlich Plattenfirma folgten.

Nach der Spreepatienten-LP und einem Mix-Tape ist „Berlin Skillz“ die vierte Veröffentlichung von Artikulabor Records. Sie versammelt neben einigen Namen aus dem Spreepatienten-Umfeld einerseits altbekannte Größen wie Gauner, andererseits Nachwuch wie Der notorische Wahnsinn oder Creaturen der Nacht. „Ich habe nach allem gesucht“, so Wolf, „was namentlich noch nicht etabliert ist, aber schon lange aktiv ist.“

So finden sich außer Dejavue keine Acts, die bereits mehrere Veröffentlichungen hinter sich haben, stattdessen aber Legenden wie Da Poise, der schon zu DDR-Zeiten im HipHop aktiv war, damals noch als Mitglied von Downtown Lyrics, bei denen dereinst auch der mittlerweile aus Funk und Fernsehen bekannte Grimassenschneider Mirko Nontschef dabei war.

Gauner, SWAT-Aktivist der ersten Stunde und bei nahezu jeder Jam unvermeidlich, steuert einen überraschend entspannten Track bei, während die Raptilien den düsteren Horrorfilm-Sound des Wu-Tang Clan imitieren. Trotzdem: Überraschend ist, wie homogen die Platte klingt, obwohl jeder Track von einem anderen Beatbastler produziert ist und nahezu jeder Stil von West- bis Ostküste adaptiert wird. Musikalisch aus dem Rahmen fällt allein der Song der ehemaligen Spreepatienten P.R. Kantate und Dani.L, die sich am Ragga versuchen.

Eins kann man „Berlin Skillz“ auf jeden Fall anhören: Dass die alten Grabenkämpfe zwischen den verschiedenen Szenen langsam, aber sicher der Vergangenheit angehören. Ob Ost oder West, Nord oder Süd, alle Himmelsrichtungen und relevanten Bezirke scheinen vertreten. Natürlich kann man Lücken finden und sich fragen, ob auch wirklich jede Szene der Hauptstadt repräsentiert ist. So sucht man vergeblich nach der M.O.R.-Posse, und Frauen sind kaum vorhanden. Dass wohl keine Compilation den ganzen Berliner Underground wirklich abdecken kann, ist doch schon ein gutes Zeichen für die Lebendigkeit der Reimkultur der Hauptstadt.

„Berlin Skillz – Ein HipHop-Flug über Berlin“ (Artikulabor Records, Fax: 03 37 31/1 29 05) Berlin Skillz Jam, heute ab 21.30 Uhr, SO 36, Oranienstr.190, Kreuzberg.

Eintritt plus CD: 25 Mark. Wer die Compilation bereits besitzt, bekommt freien Eintritt, wenn er am Eingang die CD vorzeigt.