Gemeinsam gegen Stölzl

Aus Ärger über das Vorgehen von Wissenschaftssenator Stölzl beim neuen Hochschulgesetz erarbeiten CDU und SPD jetzt eigene Eckpunkte. Parallel werden neue Hochschulverträge ausgehandelt. Neues Kriterium bei der Mittelvergabe: Leistung

von CORINNA BUDRAS

Die Hochschulpolitiker von CDU und SPD haben derzeit viel zu tun. Nachdem sich die beiden Koalitionfraktionen so einmütig wie selten vom Gesetzentwurf des Wissenschaftssenators Christoph Stölzl (parteilos) zur Novellierung des Hochschulgesetzes abwandten, arbeiten beide eigene Eckpunkte aus. Diese sollen dann „mit Stölzls Referentenentwurf verglichen werden“, so Monika Grütters, hochschulpolitische Sprecherin der CDU. Die Novellierung des Hochschulgesetzes ist damit auf die lange Bank geschoben. Stattdessen will die Koalition bald wieder Verhandlungen mit den Präsidenten der Universitäten ankurbeln, um in neuen Hochschulverträgen die Finanzierung der Hochschulen auch über das Jahr 2002 hinaus zu sichern.

Mit diesem gemeinsamen Beschluss haben die Hochschulpolitiker der CDU und SPD Wissenschaftssenator Stölzl in Sachen Hochschulgesetz endgültig das Heft aus der Hand genommen. In einer gemeinsamen Presseerklärung nahmen Monika Grütters und Peter Schuster, hochschulpolitischer Sprecher der SPD, die monatelangen Bemühungen Stölzls lediglich „zur Kenntnis“. Der Gesetzentwurf ist damit erst einmal vom Tisch – gut eine Woche, nachdem Stölzl ihn der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Eigentlich hatte Stölzl mit seinen Änderungsvorschlägen zum bestehenden Hochschulgesetz hauptsächlich eines im Sinn: Das Land sollte sich aus der Detailsteuerung der Hochschulen zurückziehen und die Verantwortung bis auf die zentralen wissenschaftspolitischen Fragen an die Unis übergeben. Ein Ziel, das sowohl bei den Unis wie auch parteiübergreifend auf große Zustimmung stößt.

Aber schon Stölzls Vorgehensweise war mehr als befremdlich. Anstatt zuerst die Fraktionen über seinen Referentenentwurf in Kenntnis zu setzen, wählte der Wissenschaftssenator den Weg über die Öffentlichkeit – anscheinend ein kleiner persönlicher Rachefeldzug für das Verhalten der SPD im Opernstreit im vergangenen Jahr. Die SPD fühlte sich brüskiert – zumal das schon der zweite Affront von Stölzl im Zusammenhang mit der Novellierung des Hochschulgesetzes war. Schon bei der Vorstellung seiner Eckpunkte im November letzten Jahres hatte er den Koalitionspartner geflissentlich übersehen. Jetzt platzte der SPD bei dem erneuten Alleingang der Kragen – mit dem Ergebnis, dass die Sozialdemokraten nun ihrerseits versuchen, dem umstrittenen Senator Steine in den Weg zu legen. Und das mit Hilfe der CDU. Die hat insgeheim vollstes Verständnis für die Befindlichkeiten der SPD: „Das Vorgehen von Stölzl war nicht sehr elegant“, sagt Grütters. Da sie selbst auch einige Änderungsvorschläge hat, kommt ihr der erneute Aufschub gerade Recht. Die CDU-Politikerin will die Autonomie der Unis noch weiter ausbauen –bis hin zur Möglichkeit, Teilbereiche zu privatisieren. Auch die Idee, die Hochschulen als privatrechtliche Stiftungen zu organisieren, will sie festschreiben.

Die SPD moniert hingegen die Abschaffung des Konzils und die neu geregelte Zusammensetzung der Hochschulräte, die nach Stölzls Wünschen ausschließlich aus Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur und nicht mehr aus Mitgliedern der Hochschule bestehen sollen. Auch mit der geplanten Einführung der Studiengebühren für Langzeitstudenten kann sich die SPD nicht anfreunden. Immerhin hatten CDU und SPD Studiengebühren im Koalitionsvertrag noch ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem wäre damit auch nicht automatisch eine Verbesserung der Lehre verbunden. „Es ist ein Trugschluss, zu glauben, Studiengebühren führen zu Mehreinnahmen bei den Unis“, sagte Schuster. Nur zu deutlich wurde das auch durch eine Äußerung des Finanzstaatssekretärs Robert Heller (CDU). Der hatte Anfang des Monats angekündigt, einen Teil der Studiengebühren für die Sanierung des Landeshaushalts nutzen zu wollen – und hatte damit die Präsidenten der Universitäten in helle Aufregung versetzt.

Das neue Hochschulgesetz lässt also noch eine Weile auf sich warten. Die SPD kann damit gut leben. „Das ganze Reformvorhaben eilt ja nicht sonderlich“, erklärt Schuster – und übersieht dabei den Zeitdruck, den der Bund auf das Land Berlin ausübt. Das neue Hochschulrahmengesetz sieht für die Länder eigentlich eine Umsetzung der darin vorgesehenen Änderungen bis zum August diesen Jahres vor.

Parallel zu den Querelen um das Gesetz stehen jetzt Verhandlungen für neue Hochschulverträge an. Diese Verträge wurden vor vier Jahren nach dem Grundsatz „Reformen gegen Geld“ eingeführt. Während die Hochschulen Kürzungen der Zuschüsse zur Konsolidierung des Landeshaushalten in Kauf nahmen, sicherte das Land den Hochschulen im Gegenzug Planungssicherheit für einen Zeitraum von vier Jahren zu. In den neuen Hochschulverträgen soll nach dem Willen von CDU und SPD die Mittelvergabe jetzt erstmals leistungsorientiert erfolgen. Die Unis müssten sich dann ihre Zuschüsse also erst verdienen. Damit würde wieder die Gefahr bestehen, dass die Hochschulen im Jahresrhythmus um die Bewilligung ihrer Mittel bangen müssen.

Einen ersten Blick in diese unangenehmen Zukunftsaussichten lieferte einmal mehr der Finanzstaatssekretär Heller. Er hatte Anfang des Monats angemahnt, dass die neuen Hochschulverträge eng mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden sollen – „um weiteres Sparpotenzial aufdecken zu können“. Mit einer erneuten Kürzung des Haushalts wären jedoch die noch verbleibenden 85.000 Studienplätze kaum zu halten. Deshalb stößt diese Mahnung selbst innerhalb der CDU auf Unverständnis. Als „unsäglich“ kommentiert Grütters diese Aussage: „Ich hoffe sehr, dass sich so etwas nicht wiederholt.“