Alte Cocktails serviert

Christean Wagner (CDU) meldete gestern im hessischen Landtag einen Fahndungserfolg. Heftige Debatte über Joschka Fischers Vergangenheit

WIESBADEN taz ■ In der Aktuellen Stunde des hessischen Landtags verkündete Justizminister Christean Wagner (CDU) am Donnerstagvormittag, der Werfer eines Molotowcocktails am 10. Mai 1976 in Frankfurt am Main sei identifiziert. Damals war bei einer Demonstration ein Brandsatz auf ein Polizeiauto geworfen worden und hatte einen Polizisten schwer verletzt. Seit Wochen kursierten Gerüchte über die Identität des Täters. Immer wieder war versucht worden, Zusammenhänge zu Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) herzustellen. Fischer war zusammen mit anderen kurz nach der Demonstration zum Tod der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof als Verdächtiger festgenommen, aber schnell wieder freigelassen worden. Sprecher der Staatsanwaltschaft versicherten immer wieder, Fischer stehe nicht unter Verdacht.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte die bereits geschlossene Akte zum Fall aus dem Staatsarchiv wieder angefordert. Ihr liege seit Anfang 1999 eine detaillierte Zeugenaussage vor. Die Ermittlungen hätten nun im Ergebnis zu einer „bereits bekannten Person“ geführt, die „als Werfer ermittelt werden“ konnte.

Der Zeuge habe auch Angaben über Freunde der Person, die ihr damals zur Flucht verholfen hätten, gemacht. Mehr, so Wagner, könne er derzeit aus Datenschutzgründen nicht sagen. Auch die Frankfurter Staatsanwaltschaft lehnte gestern jede Stellungnahme dazu ab.

Wagner bestritt, dass er sein Wissen aus Unterlagen des Verfassungsschutzes beziehe oder dass Informationen aus seinen Reihen oder denen der Regierungskoalition weitergegeben worden seien.

Ansonsten geriet die von der CDU-FPD-Regierungskoalition eigentlich zum Thema Fischer und dessen „koketten Umgang mit der Rechtfertigung von Gewalt“ angekündigte Landtagsdebatte zum heftigen Schlagabtausch mit der Opposition. Als der FDP-Fraktionsvorsitzende Jörg-Uwe Hahn Bundesaußenminister Fischer der geistigen Mittäterschaft an der Ermordung des hessischen Wirtschaftsminister Heinz-Herbert Karry 1981 bezichtigte, forderte die SPD eine Entschuldigung. Der ehemalige Landesjustizminister Rupert von Plottnitz (Grüne) nannte den Bezug zum Karry-Mord „unredlich und bösartig“. Die CDU belebe „Feindbilder aus der Zeit des Kalten Krieges“ wieder, um von ihrer eigenen Parteispendenaffäre abzulenken. Die Diskussion endete nach wechelseitigen Schuldzuweisungen abrupt. HEIDE PLATEN