falsche instrumente
: Eiferei gegen rechts

Die Postbank AG hat mit Schreiben vom 5. Januar der Berliner Wochenzeitung Junge Freiheit aus politischen Gründen zum 8. April das Hauptgeschäftskonto gekündigt. Ein Skandal, denn das Geldinstitut hat damit massiv in die Pressefreiheit eingegriffen. Gestern machte die Postbank einen Rückzieher. Eine richtige Entscheidung, wenngleich sich die Frage stellt: Hat die Bank aufgrund politischer Einsicht oder aus Opportunismus gehandelt? In den letzten Wochen haben viele private Kunden aus dem Umfeld der Jungen Freiheit Postbank-Konten gekündigt.

Kommentarvon EBERHARD SEIDEL

Es fehlt in diesen Tagen die Souveränität in der Diskussion um den Rechtsextremismus. Die Debatte fällt von einem Extrem ins andere. Jahrelang ignorierte die Gesellschaft rassistische Gewalt und wollte in ihr nur die bedauernswerten Auswüchse ungezogener Lümmel sehen. An die Stelle der Gleichgültigkeit ist nun Eiferei getreten.

War die Aufkündigung der NPD-Konten im letzten Jahr seitens der Postbank AG schon problematisch, wird es bei der Jungen Freiheit absurd. Denn die rechtskonservative, deutsch-nationale, mitunter auch kräftig völkische Zeitung mit Neonazis auf eine Stufe zu stellen, wird der Jungen Freiheit nicht gerecht.

Wer sich politisch so verhält wie die Postbank AG und rassistische Mailordervertriebe, die NPD und die Junge Freiheit zu einem unterschiedlosen Mustopf verrührt, der folgt der opportunistischen Logik eines Roland Koch, diesem schrecklichen Ministerpräsidenten aus Hessen. Koch & Co. versuchen derzeit die gesamte politische Linke der letzten dreißig Jahre durch das Nadelöhr der Gewaltrituale eines Joschka Fischer aus dem Jahr 1973 zu quetschen. Die Absicht ist klar: An Stelle des politischen Streits soll die Denunziation treten. Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass auch frisch gebackene Antirassisten an diesem Modell Gefallen finden.

Es stimmt etwas nicht mit dem Demokratieverständnis, wenn die Junge Freiheit ruck, zuck als verfassungsfeindlich geächtet wird und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse abgemahnt wird, nur weil er meint: Wer heute als junger Mensch Rechtsextremist ist, sich demokratisch läutert, der kann dereinst auch Minister werden.

Man muss die Junge Freiheit nicht mögen, um sie trotzdem zu verteidigen, wenn ihr Unrecht widerfährt. Ein Trost bleibt der schwächelnden Zeitung: So viel Aufmerksamkeit wie in diesen Tagen hat sie schon seit Jahren nicht mehr gefunden.

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