Voodoo und Staubsaugeridoo

■ „Don't try this at home“: Sandy Dillon gab ein denkwürdiges Konzert in Bremen und kommt bestimmt bald wieder

Stand Sandy Dillon bei ihrem zweiten Auftritt in Bremen noch mehr im Mittelpunkt, nur weil statt fünf diesmal nur vier Musiker neben ihr auf der Bühne standen? Oder war das doch nur eine Einbildung, weil sie eben auch diesmal wieder so unglaublich gut war? Ihre Band klang im letzten Jahr wohl wirklich um eine Nuance eigenartiger, weil seinerzeit nicht nur Kontrabassist Danny Manners und George Hadjineophytou noch dabei waren. Vor allem Steve Bywater, Dillons vor einem halben Jahr verstorbener Ehemann und Gitarrist, dürfte an dem speziellen Klang der Sandy Dillon Band und den Alben „Electric Chair“ und „East Overshoe“ einen enormen Anteil gehabt haben.

Neu in der Band sind dafür der eher zurückhaltende Bassist Pete Brown sowie der ehemalige Pogues-Musiker David Coulter, der, wie besagter Herr Hadjineophytou, ein Arsenal seltsamer Gegenstände bespielt – neben einer Geige und Ackordeon auch die singende Säge und ein Didgeridoo, das sich von anderen dadurch unterscheidet, dass es aus einem Staubsaugerschlauch besteht und deshalb tonal flexibel ist. „Don't try this at home“, ermahnte Dillon ihr Publikum. Nur Ray Majors am Dobro und Laurie Jenkins, auch Schlagzeuger bei Heather Nova, waren schon bei den letzten Konzerten in Bremen dabei.

Die leicht reduzierte Band lässt jedenfalls der eigenwilligen Performance Sandy Dillons noch mehr Raum. In einen engen schwarzen Body gekleidet führt Sandy Dillon ihren ureigenen Tanz auf, was vielleicht an ein großes Insekt erinnert, oder an eine Voodoo-Priesterin– die Pose allerdings immer wieder als solche entblößend und sie so unterlaufend. Zuweilen legt sie ein dann schelmisches Grinsen auf, das ihrem herzlichen und manchmal angenehm zotigen Humor einfach gut steht.

Auch diesmal entlässt sie ihre Band für ein paar Songs in die Zigarettenpause, singt auch ein paar Lieder von ihren alten, bis heute nicht erschienen Platten und einen Song aus einem alten Bogart-Film – mit einer Stimme, die ihresgleichen nicht hat. Captain Beefhearts „This Is The Day“ singt sie als Zugabe wieder so eindringlich, dass diverse Schauer sich anschicken, lieber nicht vor der Tür als Regen herunter zu gehen, sondern um lieber dem Publikum im Moments über den kollektiven Rücken zu laufen.

Der Beifall fiel entsprechend begeistert aus. Allerdings kam Sandy Dillon auch nach einem fast endlosemApplaus – die Hintergrundmusik hatte schon eingesetzt, das Saallicht war bereits eingeschaltet – nicht für eine zweite Zugabe zurück. Sie habe Atemwegsprobleme, ließ sie sich entschuldigen.

Aber es sieht immerhin so aus, als würde Dillon dank der Jazz- und Pop-Redaktion von Radio Bremen im Verein mit Sparkasse in Concert schon bald wieder zu Gast in Bremen sein. Sie verabschiedete sich jedenfalls von Bremen nur bis zum Sommer. Andreas Schnell