Tausend Sachen tief

An der Schnittstelle von Spätpubertät, Emocore und Postrock: Die Hamburger Band Tomte spielt im Privatclub

Tomte, das klingt schön nordisch und verweist ziemlich direkt auf Hamburg, die Heimatstadt der Band. Zwar ist Tomte auch der schwedische Nikolaus, aber übersetzt auf Hamburger Verhältnisse bietet sich eine andere Lesart an – die ersten Buchstaben sind von Tocotronic, die beiden letzten von Kante geliehen. Mit ersteren stehen Tomte in enger Verbindung. Tocotronic-Bassist Jan Müller half beim Produzieren der Platte. Tomte-Sänger Thees Uhlmann wiederum arbeitet als Roadie für Tocotronic und hat unter dem Titel „Wir könnten Freunde werden“ auch „Die Tocotronic-Tourtagebücher“ veröffentlicht. Kante stehen sie auf ihrer neuen, deutlich postrockigen Platte nahe.

Nachdem Tomte auf ihrer ersten Platte „Du weißt, was ich meine“ noch die große, weite Welt und die Beschränktheit der eigenen Möglichkeiten darin kommentierten („1.000 Sachen passieren jeden Tag ohne mich & meinen Applaus“), hat nun der Nachfolger „Sonnige Nacht“ tatsächlich das Zeug dazu, dunkle Nächte ein bisschen aufzuhellen.

Weitaus subtiler schlängeln Tomte sich an der Schnittstelle von Spätpubertät, Emo und Postrock entlang und lassen Herzen aufgehen. Sie warten „Auf den Durchbruch eines Dammes, der sich ‚Alter‘ nennt“ und üben sich im Zuhören. Da fragen sie Yves Eigenrauch, Profi bei Schalke 04 und Kolumnist dieser Zeitung, wie er das aushält, mit der Fußballerei, und da darf Thees Uhlmanns Vater erzählen, dass er sich mit 16 Jahren mit dem Mofa auf den Weg nach England machte.

Trotz deutscher Texte, Gitarrenrock und dem beharrlichen Erforschen der eigenen Gefühlswelten sind Tomte vom amerikanischen Indie- und Postrock mindestens ebenso beeinflusst wie von den Hamburger Kollegen. Deshalb muss man sich auch nicht sorgen, im Konzert den zweiten Aufwasch der Hamburger Schule präsentiert zu bekommen. Stilistische Abgrenzung regiert.

Genauso wichtig aber ist anderes: Im Gästebuch der Homepage (www.tomte.de) diskutiert die Band nämlich fleißig mit den alten und neuen Fans darüber, wie das ist, wenn der Berühmheitsgrad steigt und Leute in die Konzerte kommen, die Tomte nur von Viva 2 her kennen.

Immerhin weiß Thees Uhlmann als Roadie von Tocotronic, wie man sich korrekt positioniert, wenn einen plötzlich alle lieben. Und außerdem: Noch spielen Tomte ja auch im Privatclub und nicht in der Columbiahalle. STEPHANIE GRIMM

Heute, 28. 4., 23 Uhr, Privatclub, Pücklerstr. 34, Kreuzberg