Keine linken Demos

Berliner Gericht bestätigt Demoverbot für linke Gruppen zum 1. Mai. Spiegel: Genehmigung rechter Aufzüge hat „schlimme Wirkung“

BERLIN taz ■ Die „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ in Berlin bleibt in diesem Jahr vorerst verboten. Das Verwaltungsgericht der Hauptstadt bestätigte gestern eine entsprechende Verfügung von Innensenator Eckart Werthebach.

Der CDU-Politiker hatte das Verbot der Demonstration linker Gruppen mit zu erwartenden Auseinandersetzungen im Stadtteil Kreuzberg begründet. Die Richter schlossen sich dieser Einschätzung nun an. Sollte die Demonstration stattfinden, werde es „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit kommen“. Dabei sei „nicht entscheidend, dass die massiven Krawalle sich überwiegend erst im Anschluss an die Aufzüge ereignet haben“.

Das letzte Wort ist mit dem Urteil aber noch nicht gesprochen. Der Anmelder der Demonstration hat bereits Beschwerde gegen die Entscheidung beim Berlin Oberverwaltungsgericht eingereicht und will notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Ungeachtet des Verbots mobilisiert die linke Szene weiterhin zur „revolutionären 1.-Mai-Demonstration“, die seit 1988 in Berlin stattfindet. In der Nacht zu Freitag wurden sechs Fahrzeuge eines Berliner Fernsehsenders beschädigt. Nach Auffassung der Polizei wurden die Anschläge im Zusammenhang mit dem 1. Mai von Autonomen verübt.

Nicht nur die Antifaschistische Aktion Berlin, die zur „revolutionären Demonstration“ aufgerufen hatte, übte gestern Kritik an dem Verbot. Auch der Berliner DGB-Vorsitzende Dieter Scholz bezeichnete die Verfügung Werthebachs als „politisch unklug“, weil der Polizei jegliche Deeskalationsmöglichkeit genommen werde. Für Wolfgang Wieland, den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, ist mit dem Urteil gar der „größte mögliche Schaden“ eingetreten. „Straße frei für die Nazis, Knüppel frei für die Linken – schärfer hätte der Innensenator die Situation nicht zuspitzen können.“ Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sagte im Interview mit der Kölner Tageszeitung Express, die richterliche Genehmigung rechter Demonstrationen habe eine „schlimme Wirkung“ nach innen und außen.

Die Entscheidung des Berliner Oberverwaltungsgerichts zu dem ebenfalls für den 1. Mai angemeldeten Aufzug der extrem rechten NPD lag bis Redaktionsschluss nicht vor. Das Verwaltungsgericht hatte am Mittwoch das Verbot des Aufmarsches durch Werthebach aufgehoben.

DIRK HEMPEL