The Windrausch oder das Windei

■ Nordseehäfen überbieten sich mit Geschenken an die Windparkbetreiber/ Warten auf Genehmigung zur Kabelverlegung / Umweltschutzverbände wollen dagegen klagen

Die Hafenstadt Emden hat im späten Mittelalter einen fürchterlichen wirtschaftlichen Einbruch durch die Versandung ihres Hafens erlebt. Bremen und Hamburg wuchsen sich stattdessen zu großen Seehafenstädten aus. Das soll nicht noch einmal passieren. Mit der Planung von Windparks in der Nordsee (Offshoreanlagen) erwarten alle Küstenhäfen einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung und Investitionen im mehrstelligen Milliardenbereich. Im Vorfeld des finalen Aufschwungs überbieten sich Emden, Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Cuxhaven mit Werbegeschenken an die Windparkbetreiber.

Der Emder Hafenchef, Gerd Frerichs, hält sich bedeckt: „Die geplanten Offshore-Windparkanlagen in der Nordsee stehen für unsere wirtschaftlichen Überlegungen aktuell nicht auf der Tagesordnung.“ Unter seinem Schreibtisch liegt aber heiße Ware: Konkrete Angebote an den Windparkbetreiber Prokon Nord aus Leer über kostengünstige Lagerflächen im Südhafen – da, wo der Welt größter Windkraftanlagenhersteller Enercon aus Aurich bereits Lagerflächen besitzt. Durchstiche vom Südhafen zur Ems, um die gewaltigen Fundamente der Hochseewindräder zu transportieren sind auch schon skizziert.

Hans Jansen, Cuxhavener Hafenchef, bemüht sich erst gar nicht um Bescheidenheit: „Wer die Nase bei dem Offshore-Geschäft vorn hat, der gewinnt. Cuxhaven hat durch Bauverordnungen soviel Hafenflächen an der Elbe ausgewiesen, dass wir schon jetzt das ganze Offshoregeschäft über Cuxhaven abwickeln könnten.“ Pech für Cux-haven ist, dem ortsansässigen Windkraftplaner Plambeck fehlt die Genehmigung für den Bau einer Offshore-Anlage.

Dies gilt auch für Bremens Jung-investor Energiekontor. „Wir erwarten unsere Genehmigung Mitte des Jahres“, so ein Sprecher von Energiekontor. Die Fäden in der Politik sind aber schon fein gesponnen. Auf einem Windkraftforum in Bremerhaven waren Wirtschaftsressort, Umweltressort und Investoren vollzählig vertreten. In einer Broschüre zur Förderung der Windkraft hat die Umweltsenatorin Hafenflächen zur Ansiedlung von Offshore Windparkbauern ausgewiesen. Jürgen Adelmann von der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS): „Wir stehen in engem Kontakt mit dem Bremer Offshoreplaner Energiekontor. Teststandorte für Windkraftanlagen sind im neuen Gewerbegebiet Luneplate ausgewiesen. Hier gibt es genügend Ansiedlungsmöglichkeiten für Fertigung und Lagerung der Rotoren und ihrer Fundamente. 100 Hektar Land sind als Gewerbegebiet bereits ausgewiesen.“

Trotz guten Willens, alle Häfen müssen sich gedulden. Das eine Nadelöhr allen Windkraftrausches ist die Bezirksregirung Weser-Ems. Sie erteilt die Genehmigung für die Verlegung der Stromkabel vom Hochseewindpark ans Festland für Prokon Nord. Die Genehmigung, die Pilotanlage von zwölf Windmühlen für einen insgesamt 200 Mühlen umfassenden Windpark zu bauen, hat bislang nur Prokon Nord aus Leer. Die Genehmigung für die Kabelverlegung hat auch Prokon noch nicht. „Wir müssen die Anträge genau prüfen“, so die Sprecherin der Bezirksregierung Weser-Ems, Herma Heyken zur taz.

Das zweite Nadelöhr ist die firma Enercon aus Aurich. Sie ist eng mit Prokon verbandelt und hätte auch das Geld für umfangreiche Investitionen. „Welcher Hafen für uns für die Verladung der Offshore Anlagen infrage kommt, dazu sagen wir nichts“, lässt Enercon-Chef Alois Wobben der taz ausrichten, und mischt die Karten im Hafenpoker um günstige Flächen und Infrastrukturangebote.

Bei den Umweltverbänden blinken die Alarmsignale. „Mit dem Bau von Offshore-Windkraftanlagen wird Natur als Industriefläche erschlossen. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, dies zu verhindern“, sagt Beatrice Claus vom WWF-Bremen. Den Bau des Emssperrwerkes für die Überführung großer Luxuspassagierschiffe der Papenburger Meyer-Weft, konnten die Umweltschutzverbände zwar nicht verhindern, aber für ein Jahr stoppen. Die Bezirksregierung grübelt über einem wasserdichten Beschluss für die Offshorekabel. Herma Heyken: „Es ist niemandem gedient, wenn es wegen nicht ausreichender Genehmigungsverfahren zur Verzögerung des Baus von Offshoreparks in der Nordse kommt.“ Richtig, und es würde sehr teuer. Für die Windkraftanlagen im Watt sind immerhin die größten zivilen Investitionen der Nachkriegsgeschichte an der Nordsee geplant.

Thomas Schumacher