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: „Ein Radio ist kein Kriegsinstrument“

„Live aus Palästina“ (Fr., 22.15 Uhr, Arte)

„Ich glaube, da war mein Büro“, sagt der Journalist Rashid Hilal, als er durch die völlig ausgebrannte Etage des Senders „Stimme Palästinas“ stapft. „Ich kann nichts wiedererkennen. Der Brand hat alles zerstört. Sie haben einen Teil von mir ermordet. Ich hatte einen Angriff erwartet, aber nicht so viel Hass. Ein Radio ist doch kein Kriegsinstrument.“ In der Nacht zum 19. Januar sprengte die israelische Armee das Gebäude des Senders in Ramallah.

Zweifellos: Der staatliche palästinenische Sender, mit EU-Geldern finanziert, war der israelischen Regierung ein Dorn im Auge. Ihrer Auffassung nach heizte er die Gewalt an, etwa wenn von „Märtyrern“ die Rede ist, wie die Palästinenser auch die Selbstmordattentäter bezeichnen. Doch der Film des bekannten palästinensischen Regisseurs Rashid Masharawi, der vor den jüngsten Ereignissen gedreht wurde, zeigt eher den journalistischen Alltag, freilich unter erheblich erschwerten Bedingungen. Etwaige Probleme mit der Autonomiebehörde werden nicht thematisiert.

Da wird auf der Redaktionskonferenz am Jahrestag des Krieges von 1948 darauf verwiesen, dass die Berichterstattung möglichst genau zu sein habe, um der Gegenseite „keine Angriffsfläche“ zu bieten. Da wird ein Reporter, unterwegs zu einem Dorf, an einem Checkpoint abgewiesen. Da möchten Mitarbeiter kugelsichere Westen haben. Da schlägt eine Granate in der Nähe des Senders ein, die Journalisten reagieren gelassen. Auf dem Weg zum Ort des Geschehens in der Nähe seines Hauses fragt Rashid beiläufig eine Bekannte, ob es seiner Frau und seinen Kindern gut gehe. Dann wird recherchiert: ein Toter, wie heißt er, wie alt ist er – Ismael Abu Rafieh, 21, aus Gaza. Binnen Minuten geht die Nachricht über den Sender. Zeit für Privatleben bleibt kaum, die Arbeit zerrüttet auf Dauer Nerven und Gesundheit.

„Unsern Hörern in Palästina wünschen wir eine ruhige Nacht ohne Kugeln und Bomben“, verabschiedet sich der Sender um Mitternacht. „Unseren Hörern außerhalb Palästinas wünschen wir eine schöne Nacht in einem Park oder Restaurant in der Gesellschaft von Freunden.“

BEATE SEEL