Zukunftsmusik nimmt Gestalt an

In der Kulturhauptstadt-Bewerbung sieht Klaus Bernbacher die große Chance für den Bau der Neuen Philharmonie. Im Interview erklärt der Vorsitzende des Musicon-Vereins warum – und erzählt, wie der New Yorker Star-Architekt Daniel Libeskind nach Bremen kam

taz: Vor vielen Jahren hatten Sie einmal erklärt: Erst muss die Wirtschaft wieder in Gang kommen, dann haben wir wieder Geld für die Kultur. Ist die Bremer Wirtschaft flott?

Bernbacher: Nein, keineswegs. Aber wenn man sich bewirbt um die Kulturhauptstadt, das ist 2010, dann muss man was vorzeigen können. Und das Klima hat sich unserer Initiative gegenüber positiv verändert.

Woran ist das zu merken? Viele, auch die Handelskammer, haben uns gesagt: Wir denken jetzt anders über das Musicon-Projekt – nach der Musical-Pleite und nachdem die Halle 7 der Stadthalle auch nicht das Richtige für solche Sachen geworden ist. Bernd Schulte als Bausenator hatte uns mal erklärt: ‚Mit mir wird das nicht gebaut‘. Da habe ich gesagt: ‚Mit dir nicht, aber mit deinem Nachfolger‘. Da war er ziemlich blass. Dann kam Kuno Böse. Böse kennt den Libeskind natürlich aus Berlin. Bei der Unterzeichnung des Orchestervertrages hat er gesagt: Und jetzt fehlt mir nur noch das Musicon.

Wieso hängt das Musicon an der Kulturhauptstadt?

Wir wären ja verrückt, wenn wir nicht die augenblickliche Diskussion nutzen würden: Man braucht doch für die Bewerbung einen Leuchtturm von Architektur. Wir können uns ja nicht nur mit den Bremer Stadtmusikanten und dem Dom und dem Rathaus bewerben – so schön dieser Platz auch ist. In die Bewerbung muss ein architektonischer Anziehungspunkt hinein, der auch touristisch relevant ist. Und dann kam der Erfolg von Libeskind in New York. Wir haben ihm sofort in einem Brief gratuliert, als er den Zuschlag für Ground Zero bekommen hat. Wenig später hat ein Politiker wie Jens Eckhoff öffentlich den Zusammenhang zu unserem Musicon-Projekt hergestellt.

An welchem Standort könnte das Projekt entstehen?

Da wird noch viel hin und her diskutiert werden. Anfangs hatten wir Verbündete bei der Stadthalle, weil ja auch der Deetjen-Park in Frage kam. Dafür spricht die Nähe zum Bahnhof. Der andere mögliche Standort wäre der Theaterberg neben der Kunsthalle.

Welchen Platz würden Sie vorziehen?

Der Standort, der uns sehr am Herzen liegt, ist der in der Weser. So ein Gebäude braucht ja Platz drum herum, damit man es sehen kann. Das wäre auf der Ecke der Teerhof-Halbinsel mitten in der Weser ideal. Und wenn jetzt für Radio Bremen auf der anderen Seite des Weser-Ufers gebaut wird, käme neues Lebens in das städtebaulich so vernachlässigte Faulenquartier. Da würde das Musicon gut korrespondieren. Der Erfolg der Schlachte-Entwicklung sollte über die Brücke weitergeführt werden.

Wer soll das Musicon finanzieren?

Alles ist darin möglich, Klassik, Moderne, Pop, Kongresse. Und die Architektur für sich wird eine touristische Attraktion sein: Bei dem Jüdischen Museum in Berlin sieht man das ja. Der Bau selber ist dabei nicht das Kostenproblem – 60 Millionen Euro hatten wir geschätzt – entscheidend sind die laufenden Kosten. Unser Konzept ist: Wir brauchen eine Stiftung als Träger. Den großen Skeptikern kann man doch sagen: Teurer als der Space Park kann das gar nicht werden. Wenn man einen solchen Entwurf in der Schublade hat, muss man das bauen!

Wie sind Sie seinerzeit auf Libeskind gekommen?

Ganz einfach. Der hat sich beworben. Wir haben ja 1988 angefangen. Wir hatten die Idee, dass hier ein Konzertsaal her muss, der 2.500 Besuchern Platz bietet. 1991 haben wir den Verein gegründet, der hieß damals ‚Neue Philharmonie‘. Kulenkampff…

der langjährige Baustaatsrat Eberhard Kulenkampff?

…genau, der hat 1995 einen Wettbewerb ausgelobt. Wir hatten eine sehr gute internationale Jury. Und Libeskind hat gewonnen. Der war damals noch nicht so bekannt. Das jüdische Museum in Berlin war noch ohne Inventar.

Was interessierte Libeskind an dem Projekt?

Daniel Libeskind ist von Hause aus Musiker und er war von der Aufgabe sehr animiert. Heute ist in Berlin im Jüdischen Museum ist seine Vita ausgestellt. Da hängt auch sein Entwurf für unser Musicon.

Interview: Klaus Wolschner