Querschüsse gegen Querung

Rot-grüner Koalitionsfrieden in Schleswig-Holstein gestört: Grüner Parteivorstand lehnt Fehmarn-Belt-Querung ab. SPD-Verkehrsminister Rohwer warnt den Partner nachdrücklich vor dem Missachten einvernehmlicher Kabinettsbeschlüsse

„Ich ermahne die Grünen, Querschüsse zu unterlassen“: Bernd Rohwer

von SVEN-MICHAEL VEIT

Bernd Rohwer ist nicht amüsiert. „Verwundert“ sei er, so Schleswig-Holsteins SPD-Verkehrsminister zur taz, sollte der grüne Koalitionspartner die „einvernehmliche Beschlussfassung missachten“. Denn in einem Positionspapier hat der grüne Landesvorstand gestern seine „Ablehnung einer festen Fehmarn-Belt-Querung“ festgeschrieben. Für Rohwer Anlass, den Bündnisfrieden in Gefahr zu sehen: „Die Grünen sollten Koalitionsbeschlüsse nicht verlassen.“

In einem zweiseitigen Grundsatzpapier erläutert der grüne Parteivorstand in ungewöhnlich markigen Worten seinen Widerstand gegen den Bau einer festen Verbindung zwischen den Fährhäfen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf der dänischen Insel Lolland. Ökologische sowie wirtschafts- und verkehrspolitische Gründe stünden dem entgegen, und im Übrigen seien die Kosten „nicht zu rechtfertigen“. Weder Bund noch Land dürften deshalb, so die Forderung, für das Projekt „Subventionen oder Risikobürgschaften gewähren“.

Über eine knapp 20 Kilometer lange Straßen- und eventuell auch Schienenverbindung über den Fehmarn-Belt wird seit Jahren diskutiert. Sie soll als Brücke oder Tunnel die Fährschiffe ersetzen und den Durchgangsverkehr zwischen Deutschland und Schweden via Dänemark herstellen. Schätzungen zufolge würde das Projekt locker 4,3 Milliarden Euro kosten und vornehmlich privat zu finanzieren sein.

Obwohl die EU Bereitschaft signalisierte, eine Anschubhilfe von rund 20 Prozent der Kosten zu leisten, halten Investoren sich zurück. Denn eine im April veröffentlichte Untersuchung des deutsch-dänischen FehmarnBelt Traffic Consortiums äußerte Zweifel daran, dass das Verkehrsaufkommen und damit die Einnahmen aus der Maut hoch genug für Refinanzierung und Rendite sein werde. Immerhin hat die vor vier Jahren eröffnete Querung des Öresunds zwischen Kopenhagen und Malmö – anders als die innerdänische Brücke über den Großen Belt – entgegen allen Prognosen mit massiven wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen.

Die Grünen, die dem Vorhaben seit jeher mindestens skeptisch gegenüber stehen, legen sich nun eindeutig auf Ablehnung fest. Eine Autobahn über die Ostsee sei eine Gefahr für die etwa 120 Millionen Zugvögel auf der „Vogelfluglinie“ und für den Tourismus auf Fehmarn. Auch stünde eine feste Querung dem grundsätzlichen Ziel entgegen, Verkehr von der Straße auf Schiene und Schiff umzuleiten. Mit dem Geld für das unsinnige „Prestigeprojekt“ könnten stattdessen sämtliche Straßen- und Schienenprojekte des Landes der nächsten 30 Jahre finanziert werden, rechnen die Grünen vor.

Der rote Rohwer versichert hingegen, dass die Fehmarn-Belt-Querung wie alle Verkehrsprojekte „strengsten ökologischen Prüfungen unterliegen“. Die Region zwischen Hamburg und der Ostseeinsel würde von dem Projekt „verkehrlich und wirtschaftlich profitieren“, denn der Ausbau von Straßen und Schienen würde den Raum an die boomende Öresund-Region heranrücken. Das alles würde für „neue Arbeitsplätze und strukturelle Wirtschaftseffekte“ sorgen, ist sich der Minister sicher.

Unsicher ist sich Rohwer hingegen über seinen Koalitionspartner: „Ich ermahne die Grünen, Querschüsse zu unterlassen.“ Damit es nicht kracht.