Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Käpt’n Blaubär – Der Film“ 9. 10.–15. 10. Kino Kiste

Als Steven Soderberghs auf einer wahren Begebenheit beruhendes Comedy-Drama „Erin Brockovich“ 1999 in die Kinos kam, meinten nicht wenige Kritiker, eine ganz „neue“ Julia Roberts in der Titelrolle zu sehen. Spielte die vermeintliche Schnulzenkönigin doch plötzlich eine Anwaltsgehilfin, die einen Umweltskandal publik macht und dazu beiträgt, dass der Energieversorgungskonzern Pacific Gas & Electric zur Zahlung einer Rekordkompensationssumme verurteilt wird. Alles neu bei Julia? Mitnichten. Tatsächlich ist „Erin Brockovich“ auf die größten Talente der Aktrice – ihre lebhafte Komik und ihren „Kleine-Leute-Appeal“ – maßgeschneidert. Denn Erin gelingt mit ihrer bodenständigen, menschlich-mitfühlenden Art, woran Anwälte scheitern: das Vertrauen der durch ein Umweltgift im Trinkwasser geschädigten einfachen Leute zu gewinnen, deren Unterschriften für eine Art Sammelklage benötigt werden. Herzstück des Films aber sind die vielen komischen Kabbeleien zwischen Erin und ihrem Chef Ed Masry, die Julia Roberts und Albert Finney als eine milde Form der Screwball-Komödie präsentieren, in der es stets um die Frage geht, wer wohl das letzte Wort behält. Und die bleibt bis ganz zum Schluss offen.

Bei Walt Disneys Erben kehrt man von Zeit zu Zeit gern in den Hundertmorgenwald zurück, das Reich des verfressenen Bären Winnie Puuh und seiner Freunde. Das bislang jüngste der von den Figuren des Autors A.A. Milne inspirierten Werke heißt „Ferkels großes Abenteuer“ und entlehnt die Grundidee seiner Story dem flotten Vorgängerfilm „Tiggers großes Abenteuer“: Ferkel fühlt sich zunächst ungeliebt und unverstanden, doch dann stellen die Freunde fest, dass er doch der Beste ist – und alles ist wieder gut. Anders als der zwar dumme, aber dafür hyperaktive und lustige Tigger ist das Ferkel allerdings ziemlich betulich: der harmlose Film von Regisseur Francis Glebas richtet sich vor allem an die kleinen Kids. Kaum verwunderlich, dass eine Sequenz im Stile von Kinderzeichnungen einen der hübschesten Teile des Werks darstellt.

„Ferkels großes Abenteuer“ 9. 10.–15. 10. Kino in der Kulturbrauerei, Provinz, Thalia Movie Magic; 12. 10. im Casablanca

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„Erin Brockovich“ (OF) 9. 10.–10. 10. im Filmkunsthaus Babylon

Ganz anders geht es da schon bei „Käpt’n Blaubär – Der Film“ zur Sache. Oftmals fälschlicherweise als Kinderfilm betrachtet, handelt es sich bei dem Zeichentrickwerk von Hayo Freitag (Regie) und Walter Moers (Buch) viel eher um eine sozialistische Film-Parabel. Unter der leicht bewegten Oberfläche einer James-Bond-artigen Abenteuergeschichte, die auch gängige Topoi des Piraten- und Horrorgenres nicht verschmäht, verbirgt sich nämlich der elementare Kampf des Guten und Wahren gegen die einzige echte Geißel der Menschheit: den Kapitalismus, hier verkörpert durch Prof. Dr. Feinfinger, der nicht umsonst auf einer Insel im von Immobilienhaien bevölkerten Kapitalistischen Ozean haust. Am Ende steht eine unvergessliche Auseinandersetzung: Blaubär, seine Enkel, Hein Blöd und die geknechteten Wellenzwerge erheben sich gegen den Ausbeuter, fluten förmlich durch Feinfingers Residenz und schwemmen den Ungeist hinfort. Eisenstein lässt grüßen. LARS PENNING