Guantánamo-Häftlinge berichten von Folter

Rechtsanwalt erhebt schwere Vorwürfe gegen US-Militär. Menschenrechtsgruppen fordern Akteneinsicht

CANBERRA/WASHINGTON ap/epd/taz ■ Ein australischer Rechtsanwalt hat den US-Streitkräften gestern die Folterung von Gefangenen auf dem US-Stützpunkt im kubanischen Guantánamo Bay vorgeworfen. Der in den USA tätige Anwalt Richard Bourke berief sich dabei auf Aussagen entlassener Häftlinge und Angehöriger der Streitkräfte. Die Foltermethoden erinnerten ans finstere Mittelalter, sagte er dem australischen Rundfunk ABC. Bourke vertritt die Belange von mehreren dutzend Terrorverdächtigen in Guantánamo, darunter die „australischen Taliban“ David Hicks und Mamdouh Habib.

„Einer der Gefangenen hat berichtet, dass er an einen Pfahl gebunden und mit Gummigeschossen beschossen wurde. Sie werden gezwungen, so lange in der Sonne zu knien, bis sie zusammenbrechen“, sagte Bourke. Im Lager Camp X-Ray an der Ostspitze Kubas werden rund 660 Gefangene ohne Anklage festgehalten, denen Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida oder dem früheren Taliban-Regime in Afghanistan vorgeworfen werden. Sie haben keinen Zugang zu Anwälten. Menschenrechtsgruppen und Journalisten dürfen das Lager nur unter strengen Auflagen besuchen. Rourke sagte, er erwäge zusammen mit Kollegen, die Fälle vor den Internationalen Gerichtshof und das UN-Antifolterkomitee zu bringen. Er forderte die UNO auf, sich damit zu beschäftigen, räumte aber ein, dass es schwierig sei, eine Regierung zu finden, die dies beantrage.

Am Dienstag hatten in Washington Menschen- und Bürgerrechtsgruppen nach dem „Freedom of Information Act“ die Einsicht in interne Akten über die Behandlung von Häftlingen in Guantánamo beantragt. Damit wollten die Gruppen Berichten von Gefangenen nachgehen, nach denen dort gefoltert worden sei. Auch wollten sie zwei Selbstmorde untersuchen. Es reiche nicht aus, wenn die Regierung nur versichere, dass es keine Folter gebe, heißt es in einer Erklärung.

Die USA verschärften derweil die Bestimmungen für Journalisten bei der Berichterstattung über das Lager. Bei „Fragen zu laufenden oder künftigen Operationen und Ermittlungen“ können Medienvertreter gezwungen werden, das Lager zu verlassen, heißt es in einem Papier, das drei Reporter am Dienstag vor dem Flug nach Guantánamo unterschreiben mussten. Die Maßnahme folgt der Verhaftung von zwei im Lager tätigen Dolmetschern und einem Militärkaplan, denen Informationsweitergabe vorgeworfen wird. HAN