Die algerische Armee jagt Salafisten

Seit Wochen ist ein Lager der größten bewaffneten Untergrundgruppe umzingelt. Gefangene werden nicht gemacht

MADRID taz ■ Algeriens Volksarmee macht Jagd auf den islamistischen Untergrund. Wenige Wochen nach der Befreiung der letzten von 32 Touristen aus den Fängen der Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf (GSPC) sitzt ein Großteil der bewaffneten Gruppe in der Falle. In den Bergen von Babors, 300 Kilometer östlich Algiers, sind hunderte Kämpfer seit über vier Wochen umzingelt. Sie sollen in dem schwer zugänglichen Gebiet einen Strategiekongress abhalten.

Ob sich unter den Eingeschlossenen auch die eigentlichen Entführer befinden, ist nicht bekannt. Doch sollte dem so sein, wird der deutsche Generalbundesanwalt Kay Nehm, der einen Haftbefehl gegen vier mutmaßliche Anführer der Kidnapper erlassen hat, ihrer nur schwerlich habhaft werden. Denn Algeriens Armee macht selten Gefangene.

Auch dieses Mal heißt die Strategie: „Auslöschen des Feindes“. Die Armee beschießt das Gebiet immer wieder mit Granaten und wirft aus Hubschraubern Brandbomben ab. Innenminister Yazid Zerhouni sagte der staatlichen algerischen Nachrichtenagentur APS, 33 Islamisten seien bei der „erfolgreichen Operation“ getötet worden. Ob sich unter den verkohlten Leichen auch Frauen und Kinder befunden haben, wie die Tageszeitungen berichteten, wollte Zerhouni nicht bestätigen. Seinen Angaben zufolge ergaben sich mehrere Frauen und Kinder. Die Tatsache, dass die Familien mit im Lager sind, sowie die gefundenen Werkstätten, Generatoren und ein Feldlazarett deuten darauf hin, dass die Armee eines der größten Camps der Salafisten belagert.

Die GSPC, die die 32 Saharatouristen monatelang in Gefangenschaft hielt, ist nach Armeeangaben mit 400 bis 500 Mann die größte noch aktive bewaffnete Untergrundgruppe Algeriens. Im Gegensatz zu den Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA), von der sich die Salafisten mit ihrem Führer Hassan Hattab abgespalten haben, greifen sie nicht die Zivilbevölkerung, sondern Armee und Polizei an. Die Gruppe, die zu al-Qaida Kontakt hält, hat ihre Strukturen bis nach Europa ausgebaut.

Jetzt, wo die Armee die Salafisten nicht nur in den Babors-Bergen verstärkt unter Druck setzt, zeigen sich erste Auflösungserscheinungen. Während der in die fünfte Woche gehenden Belagerung laufen in verschiedenen Landesteilen immer wieder GSPC-Kämpfer über. Die letzte, aus vier Mann bestehende Gruppe schaffte es nicht. Sie wurde von ihren Kampfgefährten gestellt und enthauptet.

REINER WANDLER