schmickler macht ernst
: Reich werden mit Europa

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Heute ist Samstag, der 5. Juni, das heißt: Heute in acht Tagen ist Europa-Wahl! Eine Zeit lang hatte ich ja den Verdacht, die Parteien hätten den Termin irgendwie verpennt. Keine Kugelschreiber-Verteil-Aktionen, kein öffentliches Luftballon-Aufblasen, kein Hüpfburgen-Hüpfen mit den Kandidaten – nichts!

Aber wie‘s aussieht, geht jetzt der Rummel richtig los. Ich habe gestern in der Südstadt schon die ersten Wahlplakate gesichtet. Und was für arme Dinger! Zum Beispiel: „SPD – Wilfried Kuckelkorn – das Wichtige tun.“ Was der Wichtigtuer jetzt Wichtiges tun soll, und warum gerade Wilfried Kuckelkorn der Richtige für‘s Wichtige ist – kein Wort!

Die CDU hat sogar zwei verschiedene Plakat-Motive. Auf dem einen steht: „Europa macht man nicht mit links!“ Ja, wie macht man es denn dann? Mit hinten? Mit oben? Mit auf der Stelle-rückwärts-durch-die Mitte-nach-vorn? Die Antwort findet sich auf dem zweiten Motiv: „Europa-Wahl – Denkzettel für Rot-Grün.“ Nein, nicht schon wieder die Nummer. Warum muss es denn immer der Denkzettel für die anderen sein? Kann sich die CDU zur Abwechslung nicht mal eigene Gedanken machen?

Wie zum Beispiel die FDP. Die plakatieren hier in Köln überall so eine schicke Blondine mit der Aufschrift: „Wir schicken eine Kölnerin nach Europa.“ Ja, wo war das arme Mädchen denn bis jetzt? In Afrika? In Asien? Und was sagt beispielsweise der Düsseldorfer dazu? Aber ich denke mal, das spielt eh keine Rolle, weil die FDP außerdem behauptet: „Wir können Europa besser!“ Klar, die einen können schreiben, die andern können lesen und die FDP kann eben Europa.

Große Ratlosigkeit auch angesichts der grünen Plakate: „Du entscheidest!“ Ja aber was? Für wen? Und verdammt noch mal, warum überhaupt? „Für Meer und mehr“ kann es ja wohl nicht sein. Ehrlich, was für ein parteiübergreifendes Elend!

Aber ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist. Weil es bei dieser Wahl nicht um Politik geht, es geht um Geld. Die Parteien, so wie sie da im Bundestag sitzen, sind einfach klamm, und deshalb ist die Europawahl für die so eine Art Geldbeschaffungsmaßnahme. Die geben insgesamt nur 32 Millionen Euro für den Wahlkampf aus und kriegen bei einer Wahlbeteiligung von nur 50 Prozent immerhin 120 Millionen Euro zurück. Wahlkampfkosten-Rückerstattung! Pro Stimme 4 Euro 20. Das ist eine Rendite von 300 Prozent.

Und deshalb, kleiner Tipp von mir: Sollten sie zur Zeit keine Arbeit haben, ja dann machen sie doch einfach eine Partei auf. Zum Beispiel die Arbeitslosen-Partei. Da haben sie über 6 Millionen potentielle Wähler, das macht unterm Strich 25 Millionen Euro Wahlkampfkosten-Rückerstattung. Programm brauchen sie nicht, interessiert sich eh keiner für. Und wenn sie dann doch mal jemand fragt, wofür sie stehen– wie wär‘s mit: Europa ist Arbeit!