25 Jahre grün und kaum noch zickig

Die Öko-Revolution fand nicht statt, aber die Grünen haben sich etabliert in der deutschen Politik. In Bremen haben sie ihr taktisches Ziel erreicht: Sie haben die FDP als „dritte Kraft“ abgelöst, sind die Joker im Spiel nach dem Ende der Großen Koalition

Bremen taz ■ Heute feiern die Grünen ihr 25-jähriges Bestehen. „1978 begann es“, heißt es in einem Rückblick der Fraktion, grüne Listen zogen in Stadtparlamente ein. Wie eine Anti-AKW-Bürgerinitiative wollten sie im Parlament streiten.

Und was war im April 1979 in Bremen? „Bremer Grüne Liste“ hieß die Bürgerinitiative, die von abtrünnigen Sozialdemokraten gegründet wurde. Nur Christine Bernbacher, heute „Ehrenvorsitzende“ der Bremer Partei „Bündnis 90/Die Grünen“, ist geblieben, die anderen Köpfe der Stunde Null haben sich früher oder später aus Enttäuschung zurückgezogen.

Der erste Bruch kam schon im Jahre 1980, als die Bundespartei „Die Grünen“ sich gründete und die Bremer Köpfe, Olaf Dinné und Peter Willers, sich über die Frage zerstritten, ob die Bewegung nicht verraten würde, wenn sie sich die Form einer Partei aufzwingen lasse. Für manchen überbrückte das Wort „Anti-Partei“ das flaue Gefühl.

Die Umwelt-Probleme schienen dem Gründer Olaf Dinné so dringend, die Lage „fünf vor 12“, dass die Beteiligung an einer Regierung als Junior-Partner der SPD völlig unvorstellbar war. Dafür kannte Dinné seine alten Genossen zu gut und war zu sehr zerstritten, dass er darin einen Schritt in die richtigte Richtung hätte erkennen können. Wenn es gegen die SPD ging, liebäugelte er lieber mit der CDU, aber eigentlich ging es im Schwung der Bewegung eher darum, die Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen, dass eine radikale Umkehr erforderlich ist. Der Architekt Dinné lebte diese Radikalität später persönlich – er schied aus der Politik aus und kümmerte sich um Ziegen.

Der Typus Berufspolitiker bestimmt heute die Grünen, jedenfalls die Repräsentaten. Wer in den Vorstand drängt, gerät sofort in den Verdacht, einen guten Platz auf der Bürgerschaftsliste anzustreben. Der lange Marsch durch die Ebene ist kaum vorstellbar mit dem chaotischen Haufen der Gründer. Absurderweise haben die Bremer Grünen durch das Scheitern „ihrer“ Ampel-Koalition (SPD, FDP, Grüne) im Jahre 1995 ihr strategisches Ziel erreicht: Die FDP ist ausgeschieden aus dem parlamentarischen Machtspiel, nur durch eine große Koalition sind die Grünen außen vor zu halten. Der Machtinstinkt des Gründers Dinné hat schon zu der Frage geführt, um die heute in den Hinterstuben gestritten wird: Müssen die Grünen nicht ernsthaft mit dem Gedanken eines grün-schwarzen Bündnisses spielen, zumindest um ihr Gewicht gegenüber der SPD zu erhöhen?

Eine neue ökologische Revolution erwartet die Fraktionschefin Karoline Linnert nicht für die nächsten 25 Jahre, in aller Bescheidenheit kann sie sich eine Verdoppelung der grünen Prozente auf 26 vorstellen. Das von der SPD verratene Soziale liegt ihr am Herzen, da ist sie Politikerin aus Überzeugung. Deswegen tut sie sich besonders schwer beim schwarz-rot-grünen Pokerspiel. Bleibt es das Schicksal der Grünen, die SPD auf den rechten Weg zurückzubringen? Aber auch Linnert sagt nicht „nie“. Mit den Schwarzen lohnen sich Gespräche nur, „wenn die CDU zu einer modernen Großstadtpolitik“ wird, sagt sie. Das ist das Stichwort der internen Strategiedebatte der CDU, die taktisch vor demselben Problem steht wie die Grünen. Klaus Wolschner