Parteien zur Europawahl

Für den Inhalt der Spots sinddie Parteien verantwortlich23 Parteien werben derzeit um Stimmen für die Europa-Wahl am 13. Juni – mit höchst unterschiedlichen Werbespots, je nach Budget und politischem Anliegen. Welche Inhalte werden da transportiert? Und wer soll sich angesprochen fühlen? Ein Überblick über die wichtigsten und lustigsten Parteien im Schnelldurchlauf

SPD

Man ahnte es ja immer: Die Welt dreht sich um die SPD. Deshalb kreisen auch all die jungen und alten und erfolgreichen und schlauen Menschen nacheinander ins Bild. Und sagen Dinge, von denen man mittlerweile sowieso jede Nacht träumt: Innovation, Kinder, Bildung, Wachstum, Frieden, Schröder. Der dann ganz staatsmännisch stillsteht. Und verkündet, dass er arbeite. Für Menschen mit Vaterkomplex SL

CDU

Die CDU stellt Männer und Frauen auf eine Bühne, die sich, wie es heißt, „von Rot-Grün im Stich gelassen“ fühlen und lieber „eine Politik mit Zukunft“ wollen. Vergleichende Werbung ist laut EG-Richtlinie zulässig. Früher galt sie als sittenwidrig. Marktforscher haben allerdings herausgefunden, dass solche Werbespots nur überzeugen, wenn sie „die besonderen Vorteile“ eines Produktes herausstellen können … Für Wechselwähler mit ZDF-AppealCSCH

Christlich Soziale Union (CSU)

Die Klischees sind abgedroschen, so versteht sie auch der dümmste Bauer: Die Nagelschere, die den Rasen schneidet, die Schieblehre, die den Apfel misst. Doch die Farben sind satt, der Soundtrack modern und Stoibers Stimme verständnisvoll. Ein gelungener Spot also, der gar nicht den Eindruck erweckt, hier würben griesgrämige Europhobiker. Für Bayern und gut gelaunte Europhobiker HEIDI

Bayernpartei

Arg informationslastig oszilliert der Spot zwischen der Power-Point-Präsentation eines mittelständischen Bauunternehmens und dem Firmenvideo einer mäßig seriösen Lebensversicherung aus den 80er-Jahren. Ist also eher was für ein spezialisiertes Fachpublikum, das sich auch durch das gegenstandslose Keyboardgedudel im Hintergrund nicht von seinen Interessen ablenken lässt. Für Bajuwaren CSCH

Bündnis 90/Die Grünen

Los geht’s mit grünen Bierflaschen im Grünen. Beck’s-Werbung? Nein, denn weiter geht’s mit beschwingtem Swing zu kopulierenden Laubfröschen, grünem Salat, grüner Spray-Farbe, grünen Ampelmännchen, grüner Trambahn, grünen Kondomen und schmunzelnden grünen Politikern. Für Farbenblinde und Grünen-Wähler FRA

FDP

Der FDP-Minispielfilm ist hübsch, wenn auch europafern und gaga, das Lächeln von Silvana Koch-Mehrin bezaubernd. Dumm nur: Die FDP macht sich über Beamte lustig – und verprellt sie als Wähler. Was ist von einer Partei zu erwarten, deren Vorsitzender nichts kann als andere zum Rücktritt aufzufordern? Für Kinogänger RKR

PDS

Eine junge Frau, eben aus einem Albtraum über die schlimmen Zustände im Lande erwacht, findet sich plötzlich im Büro der PDS-Kandidatin Sylvia-Yvonne Kaufmann wieder. Frau Kaufmann sagt, alles würde besser werden. Leider sieht sie von weitem wie Frau Merkel aus, was sich hoffentlich auf ihre Sympathiewerte ausschlagen möge.

Für kurzsichtige Christdemokraten JAF

Deutsche Partei (DP)

Im Vorspann spielt die offenbar auf einer Bontempi-Heimorgel intonierte Nationalhymne. Dann rückt der Kandidat Heiner Kappel ins Bild, und er wirkt ein wenig beschwörend, wie er so vor der gutbürgerlichen Gardine sitzt und Sätze mit „Melkkuh“, „Abzockerei“ oder „Drogenhändler“ sagt. Zum Ausgleich bittet er aber „herzlich“ um Stimmen. Für bürgerliche Panik-Rentner HEIDI

Feministische Partei – Die Frauen

Ein komplett weiblicher Vorstand konferiert, die Bilanz ist natürlich positiv, nur der Getränke-Boy stört. „Mit uns teilen sich Frauen und Männer die Macht.“ Schnitt. Ein Vater macht Teleworking, seine Tochter vermasselt die Entwürfe. „Mit uns sind Familie und Beruf vereinbar“. Für Amazonen BIWE

Partei Bibeltreuer Christen

Der Kandidat trägt Schlapphut und sieht auch sonst so aus, als möchte man eher ungern mit ihm Bekanntschaft machen: Europa sei eine runde Sache, aber es könnten die Fundamente fehlen. Er raunt etwas von Ehe und Familie und sagt plötzlich deutlich, ein Europa der Zehn Gebote könne nicht falsch sein. Anrührend um Gottesdiensthaftigkeit bemüht. Für Menschen mit kritischer Distanz zum Islam JAF

Die Tierschutzpartei

Auf idyllische Bilder von Elefanten und Schweinen folgen Bilder von gequälten Affen, toten Kühen und Legebatterien. Von Leben, Leiden, Tod ist die Rede, von Achtung gegenüber Tier und Mensch. Die Schluss-Sequenz ist wieder ein Sielmann-Idyll. Für Vegetarier BIWE

Ökologisch-Demokratische Partei – ÖDP

Ein Mann sagt einer Frau, dass er schon sehr genau wisse, was er wählen werde: die ÖDP. Wobei aus dem Filmchen nicht genau hervorgeht, weshalb die ÖDP und nicht gleich die Grünen, welche ja auch recht ökologisch denken. Für Mülltrenner JAF

Bürgerrechtsbewegung Solidarität (Büso)

„Tina“ und „Thomas“ in einer Fußgängerzone. Schul-TV? Nein, Büso-Kandidaten! Es folgt ein wahnsinniger Monolog von Helga Zepp-LaRouche vor einer Bücherwand über die Notwendigkeit eines neuen Welt-Finanzsystems. Dann wieder junge ambitionierte Wahlkämpfer in der Fußgängerzone. Für Sektenfreunde BIWE

Aufbruch – Bürgerrechte, Freiheit und Gesundheit

Hallo, da will uns jemand aber etwas sagen: Der Natur- und Umweltmediziner, ein voller und ein nicht so voller Einkaufskorb, Mobilfunkmasten und eine dunkle Gestalt, die harmlose Menschen an öffentlichen Fernsprechern belauscht. Skandale! Überall! Wer will da nicht sofort aufbrechen, egal wohin? Für D-Mark-Nostalgiker SL

PSG – Partei für Soziale Gleichheit

Wer einen seriösen Eindruck machen möchte, sollte sich vor einen blauen Weltkartenhintergrund setzen und einen Sprecher mit schneidender Fistelstimme die weltbewegenden News verlesen lassen: Das Leben der einfachen Menschen ist bedroht. Und dazu einen Ticker durchs Bild laufen lassen. Gute Nacht. Für ehemalige DDR-Westfernsehgucker SL

Republikaner

Immerhin: Uschi Winkelsett von den Republikanern liest vom Teleprompter lauter Europa-Sätze vor. Dass die Reps ein „Europa ohne Türkei“ wollen. Oder: „In Deutschland ruhen sich islamische Terroristen aus.“ Und dann fährt sie mit ihrem Flitzer aus Coesfeld durchs Bild und sieht endlich glücklich aus. Für Unterprivilegierte RKR

NPD

Schwarzes Bild, weiße Schrift und die Frage, wo es denn nun ist, das Deutschland. Soll heißen: Die Welt der NPD – das ist Gut und Böse und irgendwo dazwischen Deutschland, eingelullt in demokratisches Blabla, besiedelt von Menschen, die in Sackkleidern auswandern. Hm. Waren schon mal besser gemacht, die Propagandafilme. Für schnauzbärtige Blockwarte SL

Deutsche Kommunistische Partei (DKP)

Bernt Kamin singt im Hafen: „enormer Wind die Segel bläh …“, sein breiter Hamburger Slang macht deutlich: Er ist einer aus dem Volk. So weit, so gut. Etwas unglücklich vielleicht, dass die Ausbilderin Andrea Will im Spot zwei unverdorbenen Kindern erklärt, warum es einer europaweiten Ausbildungsplatzgarantie bedürfe. Das kann auch Ängste wecken. Für arbeitende Menschen HEIDI

Unabhängige Kandidaten

Wir sehen flanierende Passanten, während eine Stimme den Untergang des Abendlandes angekündigt. Plötzlich dreht sich einer aus der Menge um und sagt: „Mit uns nüscht!“ Das sitzt! Die Unabhängigen Kandidaten sind Leute von der Straße, „friedlich und tolerant“, Leute wie du und ich. Na ja, nicht ganz: Kandidatinnen sind keine dabei. Für den kleinen Mann FRA

Die Grauen

Wer sich in die Fußgängerzone begibt, kommt darin um – oder an den Grauen Panthern kaum vorbei. Erst recht nicht, wenn sie sich einem beim morgendlichen Gang zur Apotheke im Nieselregen in den Weg stellen. Dokumentarischer, lauter und ehrlicher als beispielsweise die Straßenumfrage-Spots für „Obstgarten“-Joghurt könnte das Ganze aber auch – mit anderem Text – als allerneuste Masche vom „Mediamarkt“ durchgehen! Für Nicht-, Protest- oder Schnäppchenwähler CSCH

Deutsche Zentrumspartei (Zentrum)

Ein Ticker am unteren Bildrand weist das „Zentrum“ als orthodoxe Variante der CDU aus, es sei die „älteste Partei Deutschlands, gegründet 1870 – christlich – sozial – werteorientiert“. Der Kandidat arbeitet offenbar auf einem Spielplatz, fordert die Abschaffung der Homosexualität und eine Gebärprämie wider das Aussterben des Volkes: bis zu 1.000 Euro pro Kind! Monatlich!

Für kinderreiche Christen und Schwulenhasser FRA