Migrantenberatung im Umbau

Während der Bund sich ab 2005 auf neue Zuwanderer konzentriert, muss die Landesregierung stärker die Beratung für „Bestandsausländer“ mitfinanzieren. Die Caritas Essen zweifelt daran, dass die geplante Unterstützung ausreicht

RUHR taz ■ Die Wohlfahrtsverbände im Ruhrgebiet hoffen, dass sie auch zukünftig allen MigrantInnen eine umfassende Beratung garantieren können. Denn bei der Hilfestellung für so genannte Bestandsausländer – Migranten, die schon länger im Land leben – ist durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes eine finanzielle Lücke entstanden: Der Bund hat sich aus der Finanzierung der Sozialdienste für Migranten herausgezogen und unterstützt ab dem 1. Januar 2005 nur noch die Erstberatung für Neuzuwanderer.

Der Fortbestehen eines flächendeckenden Beratungsangebots für Alt-Einwanderer hält Rudi Löffelsend, zuständig für das Thema Migration und Integration bei der Caritas in Essen, für unbedingt notwendig. „Viele haben Probleme mit ihrer Rente oder sind arbeitslos und brauchen Hilfe beim Ausfüllen der 15 Arbeitslosengeld II-Formulare“, sagt er. Die meisten Gastarbeiter kämen aus einfachen Verhältnissen und hätten nur die deutschen Worte gelernt, die sie für ihren Beruf brauchen. Die Caritas ist nach traditioneller Aufteilung für die katholischen Gruppen zuständig, sie bietet Beratung auf italienisch, spanisch, portugiesisch und kroatisch an. Doch zeichnet sich hier ein neuer Trend ab: „Wenn ein Kroate zum kroatischen Berater will und der nicht frei ist, muss er zum Spanier“, sagt Löffelsend. Zunehmend soll in den Beratungen deutsch gesprochen werden.

Löffelsend glaubt nicht, dass die Landesregierung den Verlust der Bundesmittel auffangen kann. Denn für das Jahr 2005 will das Land zu den etwa 3,5 Millionen Fördergelder im Jahr 2004 nur 625.000 Euro zuschießen. „Wir wollen die bestehenden Strukturen aufrechterhalten“, versichert dennoch der Sprecher des Sozialministeriums, Kai von Schoenebeck.

Zur Umstrukturierung der Migrantenarbeit der Wohlfahrtsverbände gehört auch die Zusammenlegung der Spätaussiedler- und der Migrantenberatung. Ulrich Schulte, Referent für Migration beim DRK Westfalen-Lippe, begrüßt diesen Schritt: „Diese Gruppen sind meist von den selben Problemen betroffen.“ Das Rote Kreuz habe sich bei der Zuteilung der Migrantengruppen zu bestimmten Wohlfahrtsverbänden immer neutral verhalten und alle Migrantengruppen beraten. Deshalb sei seine Organisation auch dafür, die so genannte nachholende Integration stadtteilorientiert und nicht nach Einwanderergruppen anzugehen. „Auch die Vernetzung der Beratungsstellen der verschiedenen Verbände muss vorangetrieben werden“. Er sieht der Zukunft der Migrantenberatung positiv entgegen. „Ich glaube, dass die Landesregierung sich sehr bemüht.“

Einen weiteren Weg, die Beratung für Migranten auch in Zukunft zu garantieren, sieht Maria Loheide vom Diakonischen Werk Westfalen-Lippe: „Wir müssen die allgemeine Beratung für Migranten und Migrantinnen öffnen“. So sei es erstrebenswert, dass sich die Mitarbeiter von Stellen wie der Eheberatung oder der Schwangerschaftsberatung sich interkulturell weiterbilden. Außerdem wäre es hilfreich, dass mehr BeraterInnen mit Migrationshintergrund eingestellt würden. „Das ist ein Thema, das vor allem die Kirchen stärker diskutieren müssen“, sagt sie und verweist dabei vor allem auf die katholischen Einrichtungen „Wir Protestanten sind da offener“.

Offen bleibt auch die Höhe der Landesbeteiligung an den sozialen Diensten für Migranten. Der Antrag von Landessozialministerin Birgit Fischer (SPD), im Nachtragshaushalt weitere 10 Millionen Euro für den gesamten Integrationsbereich bereit zu stellen, ist noch nicht beschlossen. NATALIE WIESMANN