Robinho soll galaktisch werden

Brasiliens größtes Fußball-Talent könnte bald schon für Real Madrid Tore schießen. Ob sich der schmächtige 20-Jährige im spanischen Starensemble auch körperlich durchsetzen kann, wird von Kritikern allerdings in Frage gestellt

BERLIN taz ■ Der „neue Pelé“? Es war der brasilianische Fußballkönig höchstselbst, der von seinem „möglichen Nachfolger“ sprach, als er 1999 einen schmächtigen, dunkelhäutigen Jungen bei seinem Exklub Santos spielen sah. Robson de Souza, Robinho genannt, war damals fünfzehn Jahre jung und hatte damit just das gleiche Alter wie Pelé zum Karrierebeginn beim Vorortverein von São Paulo. 2002 wurde der FC Santos schließlich brasilianischer Meister – zum ersten Mal seit den Tagen Pelés. Und wer war wohl der Matchwinner im Finale? Natürlich Robinho.

Der Aufstieg des heute 20-Jährigen ist eine klassische Wunderkind-Geschichte. Und wie es zu einem solchen Mythos gehört, ist sein Lebensweg von Aufopferung und Leid gezeichnet. Zuletzt hatte Robinho jedenfalls nicht viel zu lachen. Erst verpasste er mit der U-23-Mannschaft Brasiliens die Qualifikation für Olympia in Athen, dann wurde seine Mutter Marina im November entführt.

Nun aber scheint sich das Schicksal erneut gewendet zu haben: Wie die spanische Sportzeitung AS meldete, soll Robinho zur kommenden Saison für 18 Millionen Euro zu Real Madrid wechseln. Marcelo Teixeira, Präsident des FC Santos, dementierte zwar umgehend („Er steht nicht zum Verkauf“), es scheint aber fast sicher zu sein, dass der dribbelstarke Youngster bald dem Santos-Meistermacher Vanderlei Luxemburgo folgen wird – der 52-Jährige war letzte Woche überraschend neuer Trainer der krisengeschüttelten „Galácticos“ geworden.

Doch der Reihe nach: Geboren wurde Robinho in ärmlichen Verhältnissen in São Vicente, einer Nachbarstadt von Santos, wo er mit seinen Eltern in einem Zimmer schlief. Als er mit 14 Jahren in die Jugendschule des FC Santos einzog, soll er nicht nur das erste Mal in seinem Leben regelmäßig drei warme Mahlzeiten am Tag erhalten, sondern auch erstmals auf einem Rasenplatz gespielt haben. Zuvor hatte Robinho nur „futebol de salão“ gespielt, mit einem harten Ball auf jenen kleinen Hartplätzen, auf denen auch Zico und Ronaldo groß wurden. Bekannt wurde Robinho vor allem durch einen Trick – den „pedalada“, bei dem der Fuß so schnell um den Ball kreist, dass der Verteidiger kaum eine Chance hat, den Ball zu treffen, ohne den Gegner zu foulen.

Robinhos Ruf bekam nach seinen mäßigen Leistungen bei der Olympia-Qualifikation jedoch erste Risse. Die Brasilianer schieden vorzeitig aus. Dann wurde seine Mutter bei einem Grillfest von zwei maskierten Männern gekidnappt. Es hielten sich hartnäckig Gerüchte, Robinho nahe stehende Personen könnten „aus Rache“ an der Verschleppung beteiligt gewesen sein. Denn er wurde bereits erpresst, seit er zwei Monate zuvor ein „Taschengeld“ an frühere Freunde gestrichen hatte. „Robinho war immer ein guter Junge, er ist aber mit sehr armen und oft nicht besonders guten Menschen aufgewachsen. Einige seiner Nachbarn sind Kriminelle“, kommentierte ein Polizeikommissar.

Ob sich der zerbrechlich wirkende Robinho in Europa durchsetzen kann, muss sich erst noch zeigen. Trainer Luxemburgo hält Robinho zwar für den „zurzeit besten Spieler in Brasilien“, meint allerdings auch, dass er Zeit brauchen werde, sich im neuen Umfeld einzugewöhnen. Exspieler Tostão, bekannt als scharfsinniger Kritiker, befürchtet gar, dass es Robinho – anders als Adriano und Kaká – allein wegen seiner körperlichen Konstitution schwer haben wird. Im Namen der Schönheit des Spiels ist zu hoffen, dass der Weltmeister von 1970 zumindest mit dieser Prophezeiung danebenliegt.

OLE SCHULZ