die taz vor 15 jahren: baumpflanzen im wendland – jusochef schröder ohne kontakt ins kanzleramt
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Republik Freies Wendland, 1. 6. (taz) Am Samstag, spätnachmittags, kamen über 200 Delegierte des Juso-Bundeskongresses samt ihren Gästen und großen Pressetroß auf den besetzten Bohrplatz 1004. Der Juso-Vorsitzende Gerhard Schröder bekundete den Bürgerinitiativen und allen Platzbesetzern Solidarität und Unterstützung durch die Jusos. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung – zu dieser Zeit waren wohl über 2.000 Leute im befreiten Teil des Wendlandes – pflanzte eine Abgeordnete der badisch-elsässischen Bürgerinitiativen eine Eiche aus dem Dreyeckland auf dem Dorfplatz. Ein offener Mißerfolg war das Gespräch, das Vertreter der BI Lüchow-Dannenberg, der bäuerlichen Notgemeinschaft und des BBU am Vortag mit dem niedersächsischen Innenminister Möcklinghoff und Bundesinnenminister Baum führten. Eine Delegation aus dem Wendland hatte am Freitag mit den Innenminstern Baum und Möcklinghoff in Hannover verhandelt. Das Gespräch war zustande gekommen, nachdem sich Innenminister Baum über eine Woche lang geweigert hatte, mit den Platzbesetzern zu reden. Erst nachdem auch der niedersächsische Landesbischof vermittelte, sahen sich Baum und sein niedersächsischer Amtskollege Möcklinghoff zu dem Gespräch gezwungen. Die erzwungene Aufwertung der Platzbesetzung wird geschmählert, weil die Minister sich weigerten, mit Vertretern aus dem Dorf direkt zu verhandeln.

Baum und Möcklinghoff wollten sich auch weiterhin wie bisher über den Weg dagegen einsetzen, über den allein politische Macht entstünde „ihr dürft dies nicht überschätzen, wir sind weiterhin fest eingefügt in der SPD“. In diesem Moment entsteht ein ziemliches Gejohle auf den Dächern der umliegenden Hütten. Gerd Schröder wird von Journalisten gefragt, ob er seine Meinung auch seinem Bundeskanzler mitteile: „Sie müssen wissen, daß mein Einfluß auf den Bundeskanzler gleich null ist.“(bk/Pressegruppe der Besetzer, 2. 6. 1980)