behindertenbeauftragte
: Gesetz bremst Gleichstellung

Seit Anfang 2004 existiert in NRW ein Gesetz, das für Blinde und Rollstuhlfahrer eine barrierefreie Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen soll – eine späte Wende in der Behindertenpolitik, die bisher mehr Betreuungs- als emanzipatorischen Charakter hatte. Doch auch das neue Gesetz enthält einen Gummiparagraphen, der die Gleichstellung von Behinderten verzögert: Kommunen können selbst bestimmen, wann und wie viel sie in die Umsetzung des Gesetzes investieren.

ANALYSE VONNATALIE WIESMANN

Die Landesregierung hat das Gesetz so schwammig formuliert, weil sie sich sonst laut Konnexitätsprinzip auch an den Kosten beteiligen müsste. Dass nur 30 Kommunen und Kreise bisher örtliche Beauftragte ernannt haben, ist nur eine Auswirkung der symbolischen Politik. Die Kann-Bestimmung ist auch der Grund, warum bei den vergangenen Wahlen im Herbst und im Mai nur die Hälfte der Lokale für Rollstuhlfahrer zugänglich waren. Auch an den meisten Bahnhöfen in NRW erreichen Gehbehinderte nicht ohne fremde Hilfe ihren Zug. Dass das Amt der Landesbehindertenbeauftragten nicht einmal kommissarisch besetzt ist, spricht für die Bedeutungslosigkeit des Ressorts für das Land. Die bisherige Amtsträgerin blieb immer optimistisch: Sie habe durchgesetzt, dass beim Anfahren eines Bahnhofs die blindenfreundliche Durchsage „Ausstieg in Fahrtrichtung rechts“ zu hören sei – eine Maßnahme, die nichts kostet.