Pro und Contra Airbus-Piste

Heute beginnt der Erörterungstermin zum geänderten Plan für die abermalige Landebahnverlängerung in Finkenwerder. Die taz stellt die Einwände von Anwohnern und Naturschützern der Position der Pisten-Befürworter gegenüber

von Gernot Knödler

Die Erörterung der Airbus-Erweiterung in Finkenwerder geht heute in eine neue, wohl eher kurze Runde. Nach der Rechtsauffassung der Wirtschaftsbehörde dürfen allein die Änderungen am Plan für die abermalige Verlängerung der Werkspiste diskutiert werden. Sie sind notwendig geworden, weil es dem Senat nicht gelungen ist, alle für den ersten Plan nötigen Grundstücke zu kaufen. Er musste daher den Sicherheitsbereich um den Pistenfortsatz herum an einigen Stellen eindrücken und die Ortsumgehung Finkenwerder in Schlangenlinien um den Pistenkopf herum planen.

Bereits die Einschränkung der Debatte auf die Planänderungen hält Gabi Quast, die Sprecherin des Schutzbündnisses für Hamburgs Elbregion, für unglücklich. Sie werde viele Einwender frustrieren, weil ihre Kritik mit dem Hinweis abgebügelt werden könne, sie betreffe nicht die Änderungen, sondern die Pistenverlängerung im Grundsatz. Das werde dem Klima beim Erörterungstermin nicht zuträglich sein, prophezeit sie. Überdies lässt sich nach Auffassung der Einwänder das Grundsätzliche nicht ohne weiteres vom Speziellen der Planänderung trennen.

Quast ist als Obstbäuerin und Einwohnerin Neuenfeldes wie viele andere direkt von den Airbus-Plänen betroffen. Denn mit der Verlängerung würde die Piste bis auf 200 Meter an den Dorfkern heranrücken. Die Zahl der Flugzeuge, die über ihr Dorf hinweg starten und landen, würde zunehmen und die Flugzeuge wären größer: zu den kleinen Flugzeugen mit einem Mittelgang kämen die Riesen-Airbusse des Typs A 380 mit ihren gigantischen Triebwerken. In der folgenden Übersicht haben wir den wichtigsten Einwänden der Anwohner und des Umweltverbandes BUND die Argumente der Pisten-Befürworter gegenüber gestellt.

Projekt im leeren Raum

Einwender: Die abermalige Pistenverlängerung ist kein eigenständiges Vorhaben. Denn ohne die Verlängerung, das hat Airbus deutlich gemacht, wird es kein Auslieferungszentrum für den A 380 in Hamburg geben. Der Fabrikstandort rutschte gegenüber Toulouse auf einen minderen Rang ab und wäre langfristig sogar gefährdet. Im Übrigen baut die Verlängerung auf dem Planfeststellungsbeschluss vom Mai 2000 auf, der vom Verwaltungsgericht in erster Instanz für rechtswidrig erklärt worden ist.

Pisten-Befürworter: Es war nicht von vornherein absehbar, dass die Frachtversion eine längere Piste benötigen würde. Derartige Veränderungen sind im Rahmen eines so großen Projekts keineswegs ungewöhnlich. Das Urteil zum Planfeststellungsbeschluss des Jahres 2000 ist nicht rechtskräftig. Der Instanzenweg ist noch weit.

Kein Bedarf

Einwender: Die Verlängerung ist unnötig, denn sie wird allein mit der Auslieferung der Frachtversion des A 380 begründet. Die wenigen Frachtflugzeuge, die in Finkenwerder an die Kunden übergeben werden sollen, könnten ohne großen Schaden auch anderswo, etwa am Airbus-Hauptsitz in Toulouse übergeben werden. Enteignungen seien auf einer derart schwachen Grundlage nicht möglich. Das hat auch das Oberverwaltungsgericht in seiner Eilentscheidung zur Verlängerung so gesehen.

Pisten-Befürworter: Die Frachtversion ist nur eine von vielen zukünftigen Versionen des A 380. Die Stückzahlen, in denen der Frachter künftig produziert werden wird, sind ungewiss. Ohne die Pistenverlängerung würde die Finkenwerder Fabrik möglicherweise auf die Auslieferung vieler Varianten verzichten müssen. Ein Werk mit Stummelpiste würde im Wettbewerb mit anderen Standorten unweigerlich zurückfallen.

Widersprüchliche Pläne

Einwender: Der Plan zur Pistenverlängerung berücksichtigt andere Pläne des Senats nicht und widerspricht diesen zum Teil. Darunter fallen eine zukünftige Werkszufahrt von Süden, die Verbindung der Alten Süderelbe mit dem Neuenfelder Schleusenfleet oder der Este sowie die Aussagen zur Straßenführung und zum Lärmschutz im Bebauungsplan Neuenfelde 15.

Pisten-Befürworter: Der Senat oder gegebenenfalls die Bürgerschaft können festlegen, welche Planung Vorrang haben soll.

Sicherheitsabstand

Einwender: Mit der Planänderung werden die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zur Piste unterschritten und damit die Anwohner gefährdet.

Pisten-Befürworter: Eine Ausnahmegenehmigung durch das Luftfahrtbundesamt ist möglich. Einem von Airbus in Auftrag gegebenen Gutachten zufolge wäre sie unbedenklich.

Gesundheit gefährdet

Einwender: Bau und Betrieb der Piste sowie der Ortsumgehung Finkenwerder verursachen viel Lärm und Abgase. Das belästigt die Anwohner und kann ihre Gesundheit gefährden. Die vorgelegten Lärmuntersuchungen sind fehlerhaft. Die Fluglärmuntersuchung etwa geht davon aus, dass sich die Zahl der Starts und Landungen mit der Verlängerung kaum verändern wird. –Wozu dann die Verlängerung? Dass die Ortsumgehung um den Pistenkopf herum geführt werden muss, ergibt sich nicht zwangsläufig aus der Pistenverlängerung. Sollte sie kommen, muss, um Neuenfelde zu schonen, ein Tunnel unter der Piste gebaut werden.

Pisten-Befürworter: Die Firma Airbus hat ihre „Bereitschaft zu Lärm reduzierenden Maßnahmen erklärt gegenüber den Annahmen im Planfeststellungsverfahren 2000“. Die Zahl der Starts und Landungen über Neuenfelde hinweg würde sich im Jahresdurchschnitt nur minimal erhöhen. Wegen der Windrichtungen führen 40 bis 50 Prozent der Flüge nicht über das Dorf hinweg. Von durchschnittlich 16 Flugzeugen täglich wäre nur eines vom Typ A 380. Die Ortsumgehung entlastet Finkenwerder vom Durchgangsverkehr und gewährleistet einen reibungslosen LKW-Verkehr zum Airbus-Werk.

Rechte der Natur verletzt

Einwender: Licht und Lärm des zunehmenden Flugverkehrs schaden den Brut-und Rastvögeln in den Naturschutzgebieten Westerweiden und Finkenwerder Süderelbe. Eine solche nachhaltige Störung verstößt gegen das Hamburger Naturschutzgesetz. Dort, wo einmal die Piste verlaufen soll, sind sechs nach EU-Recht geschützte Fledermausarten nachgewiesen worden, unter anderem eine, deren Lebensraum besonders geschützt ist. Die Airbus-Erweiterung insgesamt hat ein europäisches Naturschutzgebiet und ein Landschaftsschutzgebiet stark beschädigt.

Pisten-Befürworter: Aufgabe der Planfeststellungsbehörde ist es, Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gegen die wirtschaftliche Entwicklung des Luftfahrtindustriestandortes und der damit verbundenen Schaffung von Arbeitsplätzen abzuwägen. Eingriffe in den Naturhaushalt müssen ausgeglichen werden.

Kulturlandschaft

Einwender: Die Pistenverlängerung stellt die Zukunft der umliegenden Ortschaften in Frage. Häuser werden unbewohnbar werden, die Mieten und Grundstückspreise werden sinken, der Obstbau und die Naherholung leiden. Die in den Sicherheitsbereich der Piste hineinragenden, nach wie vor in Privateigentum befindlichen Grundstücke, werden in ihrer derzeitigen Form nicht mehr nutzbar sein.

Pisten-Befürworter: Dem Verkäufer des Schlüsselgrundstücks, der den jetzigen Plan zur Verlängerung möglich gemacht hat, versprach Airbus, Neuenfelde zu schützen. Teil der 19 Punkte umfassenden politischen Vereinbarung ist ein Sperrgrundstück, das einen künftigen Ausbau der Piste verhindern soll. Die Grundstücke werden auch in Zukunft zugänglich sein.

Überflutungsgefahr

Einwender: Wird der Neß-Hauptdeich eingerissen, erhöht sich die Überflutungsgefahr. Die Verlagerung von Sand aus dem Mühlenberger Plateau in die Nähe des Deichs im Plangebiet gefährdet die Deichsicherheit, weil die Förderanlage direkt am Deich verlaufen soll.

Pisten-Befürworter: Der Neß-Hauptdeich ist bereits beim Bau der neuen Werkshalbinsel im Mühlenberger Loch durch einen neuen Deich ersetzt worden, so dass der alte gefahrlos entfernt werden kann.