Auch 40-Jährige zählen zu Alten

Weil sie in der zweiten Lebenshälfte sind. Altenstudie: Deutsche auf Spätrente eingestellt

BERLIN taz ■ Wann gilt ein Mensch als alt? Interessante Frage. Laut der zweiten Altenstudie (Alterssurvey) jedenfalls sind alle 40- bis 90-Jährigen Mitglieder der „älteren Generation“ – weil sie sich schon in der „zweiten Lebenshälfte“ befinden. Wie es dieser doch recht weit gefassten Altersgruppe geht, darüber sollte die Studie Auskunft geben, die Bundesfamilienministerin Renate Schmidt gestern vorstellte. Tenor: Altern ist gar nicht so schlimm. „Die meisten Senioren und Seniorinnen sind mit ihrer Situation einverstanden“, erklärte Schmidt.

Beim Einkommen zum Beispiel gebe es „zunächst keine Hinweise darauf, dass ältere Menschen generell sehr niedrige Einkommen haben“, heißt es in der Studie. Allerdings sei zu erwarten, dass sich Einkommen und Vermögen künftig ungleicher verteilen und die Renten sinken könnten. Beide Tendenzen ließen sich bereits heute beobachten, heißt es in der Studie des Deutschen Instituts für Altersfragen. Zwischen 1996 und 2002 haben sich die Einkommen der über 70-Jährigen insbesondere in Ostdeutschland nicht im gleichen Maße erhöht wie die der Jüngeren. Auch stieg in dieser Zeit die Armut in der zweiten Lebenshälfte an.

Für den Zweiten Alterssurvey wurden in den Jahren 1996 und 2002 bundesweit repräsentative Umfragen unter mehr als 4.000 Menschen im Alter von 40 bis 90 Jahren durchgeführt.

Die Deutschen stellen sich zunehmend darauf ein, länger zu arbeiten, ergab die Studie. Planten 1996 noch die Hälfte aller Befragten mit spätestens 60 Jahren aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, so sind dies jetzt nur ein Drittel. Während 1998 nur 38 Prozent der 55- bis 64-Jährigen noch beschäftigt waren, stieg dieser Anteil inzwischen auf 41 Prozent, erklärte Schmidt. Gleichzeitig verschob sich der Ruhestand etwas nach hinten: 1998 schieden die Beschäftigten im Durchschnitt mit 59 Jahren aus dem Beruf aus, heute beginnt der Ruhestand im Mittel erst mit 62 Jahren.

Die Familie spielt nach wie vor eine große Rolle auch bei den materiellen Transfers. So ließ ein Drittel der Befragten Verwandten, darunter vor allem den erwachsenen Kindern, Geld zukommen. Im Befragungszeitraum wurden so fast 33 Milliarden Euro übergeben. Fast ein Viertel der 55- bis 69-Jährigen hilft bei der Betreuung der Enkel. Von den 70- bis 85-Jährigen wohnt fast ein Viertel im gleichen Haus wie die Kinder, nur 30 Prozent leben nicht im gleichen Ort wie ihre Nachkommen. „Der Alterssurvey zeigt, dass wir ein neues Bild des Alters und einen neuen Umgang mit älteren Menschen brauchen“, erklärte Schmidt, „die ältere Generation ist unverzichtbar.“ Nur dass man das immer so betonen muss, darin liegt wohl das eigentliche Problem. BARBARA DRIBBUSCH

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