: Der Mohr kann gehen
■ Marokko kündigt die Union mit Libyen
Weltweit Überraschung löste im August 1984 die Gründung einer Union zwischen dem König aus Marokko und dem Revolutionär aus Libyen aus. Alle fragten sich: Wer wird wen ausnutzen? Das kann jetzt beantwortet werden: wie eine ausgelutschte Zitrone läßt Marokko Libyen wieder fallen, nachdem es alle Vorteile aus dem Bündnis gesaugt hat. Bis zur Bildung der Staatenunion war Libyen der Hauptfinanzier und Waffenlieferant der „Polisario“, die für die Unabhängigkeit der von Marokko besetzten Westsahara kämpft. Damals schickte sich Marokko an, die „Verteidigungsmauer“ in der Westsahara auszubauen. Es kam dem König darauf an, dem Widerstand der Polisario den Nachschub zu entziehen. Das hat geklappt. Die Mauer ist gebaut. Die Hoffnung der Marokkaner auf eine ökonomische Spritze durch das reiche Ölland Libyen erwiesen sich demgegenüber als unrealistisch. Viele Marokkaner hatten auf Arbeitsplätze in Libyen gehofft, Handels–Delegationen reisten nach Tripolis, um einen neuen Markt zu erschließen. Doch der Ölpreisverfall ließ auch Libyen in eine Wirtschaftskrise schlittern. Libyen hat aus dem Bündnis keinerlei Vorteile ziehen können. Weder konnte es auf die Politik Marokkos Einfluß nehmen - der Empfang des israelischen Ministerpräsidenten Peres in Fes war auch eine Ohrfeige für Ghaddafi -, noch konnte Libyen durch die Union seine außenpolitische Isolierung aufbrechen: die US–Bomber flogen im Frühjahr ihren Angriff gegen Libyen an den Radaranlagen Marokkos vorbei, ohne daß Ghaddafi gewarnt wurde. Für Ghaddafi bedeutet das Ende der Union das siebente Scheitern seines Traums, die arabische Nation zu einigen. Die politische Zerplitterung der arabischen Länder ist eher gewachsen. Die Auflösung der Union zwischen Marokko und Libyen könnte gar ein Vorspiel sein für eine Auflösung oder Spaltung der arabischen Liga: die Monarchen brauchen die Revolutionäre nicht mehr und können sich dank US–Rückendeckung einen Bruch leisten. Thomas Hartmann
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