: Dem Manne wird bange
■ Ausstiegsgutachten bringt Minister Bangemann in Nöte
Der Verzicht der BRD auf Atomkraft erhöhe die GAU– Gefahr, weil damit logischerweise auch die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke verschwinde - soweit Martin Bangemann. Diese dumme Äußerung als Reaktion auf das ansonsten staatstragende RWI–Institut, das einen Ausstieg für machbar hält, zeigt, wie sehr der Bundeswirtschaftsminister argumentativ mit dem Rücken an der Wand steht. Zurecht, denn wenn man das RWI– Gutachten erst bei Licht betrachtet, wirds noch finsterer um Bangemanns Lieblingsenergie. Die Stromverbrauchszuwachs–Prognose von 30 % für die kommenden gut 20 Jahre zeigt, daß das RWI aus früheren eigenen Überschätzungen nichts gelernt hat. Dies heißt auch, daß beim Ausstieg die Nachfrage nach Importkohle entsprechend geringer ansteigen dürfte, dadurch ebenso deren vorausgesagte Preissteigerungen, mithin also die Stromkosten. Aber selbst wenn man den vom RWI prognostizierten Anstieg pro Jahr akzeptiert, so wird er sich im einstelligen Milliardenbereich bewegen - eine Größenordnung, die allein der jährliche Bundesbankgewinn satt abdecken könnte, bei dessen Einheimsung Finanzminister Stoltenberg ohnehin immer das schlechte Gewissen plagt. Eine gute Tat gegen Strahlengefahren könnte ihn jetzt davon befreien. Wenn das RWI weissagt, die stromschluckende Aluminium–Industrie würde bei Preiserhöhungen abwandern, so sollte es zur Kenntnis nehmen, daß diese mittelfristig ohnehin aus der BRD verschwindet - jede vernünftige Verpackungs– Verordnung sollte ihr übriges dazu tun. Und wer ein voraussichtliches Absinken z.B. der Bautätigkeit um 2,5 % in Folge des Ausstiegs dramatisch findet, sollte die zweistelligen Schwankungen der letzten Jahre betrachten. Unterm Strich bleibt laut RWI ein Anstieg der Inflationsrate um 0,6 Prozentpunkte und ein Wachstums“verlust“ von 0,2 Prozentpunkten: Die Fehlerquoten der Prognosen des Sachverständigenrates betragen ein Mehrfaches. Summa–Summarum: Eine Chance für Stoltenberg! Ulli Kulke
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