Befreiungsfront für wen?

■ Erpressung durch „Befreiungsfronten“ in Frankreich

Der französische Innenminister Charles Pasqua sitzt in der Klemme: Das Solidaritätskomitee mit den arabischen Gefangenen CSPPA, auf dessen Konto bereits einige ziellose Attentate in Paris gehen, droht, seine Tätigkeit zu verstärken, falls seine arabischen Genossen, die immerhin auch einige Menschenleben auf dem Gewissen haben, nicht aus französischen Knästen freikommen. Demgegenüber droht eine relativ unbekannte „Französische Befreiungsfront“, die sich angeblich aus Geheimdienst– oder Polizeikreisen rekrutiert, mit „Aktionen“, falls sich Frankreich weiter mit den arabischen Ländern „prostituiert“. Armer Pasqua. Entweder bleiben die arabischen Terroristen im Knast, dann drohen weitere Attentate, für die er natürlich mitverantowrtlich gemacht wird, oder er läßt sie frei, dann schreitet die „Befreiungsfront“ zur Tat. Und dann stellt sich noch heraus, daß sich in Frankreich nicht einmal ein rechter Innenminister auf die Loyalität seiner Geheimmannen verlassen kann. Armer Pasqua? Die neue „Befreiungsfront“ kommt ihm wie gerufen: Die Verhandlungen um eine Freilassung der Geiseln im Libanon treten seit geraumer Zeit auf der Stelle. Eine unversehrte Rückkehr der Geiseln würde der Regierung ein außerordentliches Stimmungshoch bescheren. Was liegt also näher, um die Verhandlungsbereitschaft der geiselhaltenden Schiiten zu vergrößern, als ihnen glaubhaft zu versichern, man habe kaum noch innenpolitischen Spielraum. Vielleicht ist die Befreiungsfront ja auch keine Kopfgeburt des Herrn Pasqua. Vielleicht meint sie es wirklich ernst. Aber vielleicht geht Herr Pasqua ja aus diesem blutigen Männerspiel als einziger Sieger hervor. Antje Bauer