Panam–Luftpiraten stellen Ultimatum

■ Panam–Jumbo auf dem Flughafen von Karatschi gekidnappt / Vermutliuch arabische Entführer fordern Weiterflug nach Zypern / Freilassung von drei Gefangenen in Nikosia gefordert / Bonn und Washington setzen Krisenstäbe ein

von Stefan Schaaf

Berlin (dpa/ap/taz) - Mit der Einrichtung von Krisenstäben in Bonn und Washington haben die bundesdeutsche und die US–Regierung auf die Kaperung eines Jumbo–Jets der Fluggesellschaft Panam reagiert, der am Freitagmorgen in der pakistanischen Stadt Karatschi von vier vermutlich arabischen Bewaffneten erstürmt wurde. Die Entführer setzten am Nachmittag ein Ultimatum: wenn ihnen bis 16 Uhr nicht eine arabisch sprechende Crew für den Weiterflug nach Zypern gestellt werde, würden die ersten Passagiere erschossen. Kurz vor 17 Uhr teilten sie über Funk mit, sie hätten Sprengstoff in der Maschine angebracht und könnten ihn jederzeit zur Explosion bringen. Am Spätnachmittag hieß es, Panam bereite eine neue Crew für einen Start der Maschine vor. Gleichzeitig verließ der US–Flugzeugträger „Forrestal“ den Hafen von Neapel mit unbekanntem Ziel. An Bord der Boeing 747 befanden sich etwa 350 Passagiere, darunter zwölf Bundesdeutsche und 44 US–Bürger. Bisher haben sich zwei nahöstliche Organisationen zu der Aktion bekannt. In Nikosia meldete sich bei einer Nachrichtenagentur eine - bislang unbe kannte - Gruppe namens „Libysche Revolutionäre Zellen“ und drohte mit der Hinrichtung „amerikanischer Nachrichtendienstler“, die sich an Bord der Panam– Maschine befänden. Wenige Stunden darauf ging bei der libanesischen Zeitung „An–Nahar“ in Beirut ein Bekennerschreiben der „Soldaten Gottes - Kommando Zulfikar Ali Bhutto“ ein, in der gleichfalls „US–Offiziere und Geheimdienstler“ unter den Flugzeugpassagieren als Ziel der Aktion bezeichnet wurden. Man kämpfe gegen die „Werkzeuge der Unterdrückung“ des „großen Satans“. In dem Kommunique der Gruppe hieß es ferner, in dem gekaperten Jet säßen auch Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad. Die „Soldaten Gottes“ sind seit längerem in Beirut, Tripoli und Saida aktiv und unterstützen die politischen Ziele Khomeinis. Nach pakistanischen Angaben wollen die Entführer „einige auf Zypern in Haft sitzende Freunde befreien“. Dort sitzen gegenwärtig vier Personen im Gefängnis, die an bewaffneten Aktionen beteiligt waren: ein Brite und zwei Palästinenser, die im vergangenen Jahr in Larnaka drei Israelis an Bord einer Yacht ermordet hatten und dafür zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden, sowie ein Libanese, der vor einigen Wochen mit Handgranaten im Handgepäck ein Flugzeug besteigen wollte. Fortsetzung auf Seite 2 Angeblich gehört er dem schiitischen „Islamischen Heiligen Krieg“ an. Die Maschine befand sich auf dem Flug von Bombay und sollte weiter nach Frankfurt und New York fliegen. Die Kaperer waren als Sicherheitsbeamte verkleidet unbehelligt auf das Rollfeld in Karatschi gelangt. Sie hatten um sich schießend die kurz zuvor gelandete Maschine gestürmt. Die Crew floh durch einen Notausstieg. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Angaben, wonach ein US–Passagier indischer Abstammung bei der Erstürmung getötet wurde, erwiesen sich als falsch. Die Maschine wurde auf dem Rollfeld von pakistanischen Eliteeinheiten umstellt. Die Regierung von Zypern hat mittlerweile erklärt, der Maschine werde auf der Mittelmeerinsel keine Landeerlaubnis erteilt. Das gleiche verlautete von der griechischen Regierung aus Athen. Der Iran gab bekannt, er werde dem Flugzeug das Überfliegen seines Territoriums nicht gestatten. Die libysche Regierung hat sich am Freitagnachmittag von der Kaperung des Jumbo–Jets distanziert. Radio Tripolis bestritt, daß Libyen irgend etwas damit zu tun habe. Der Sender fügte hinzu, Libyen sei gegen den Terrorismus und selbst dessen hauptsächliches Opfer. Konkretes Ergebnis der Reise sind zwei Symposien: eines über Frieden und Abrüstung, dessen Tagungsort entweder die DDR oder die BRD sein wird; ein zweites über Umweltschutz, das - auf dringenden Wunsch der DDR– Führung - in der DDR selbst stattfinden wird. Die Zustimmung zu diesem Symposion–Vorschlag durch das Politbüro erfolgte schnell, offenbar aber nach einer sehr kontroversen Diskussion. Es gab Warnungen von seiten einiger Politbüro–Mitglieder: „Es sind ja schließlich Grüne und keine Roten“. Den Grünen wurde zugesichert, daß sich Öko–Experten ihrer Wahl an dem Umwelt–Symposion beteiligen können. Gleichwohl sind nach den Worten von Thea Bock unterschiedliche Vorstellungen spürbar: Die Grünen forderten „größtmögliche Öffentlichkeit“ und vor allem Beteiligung der unabhängigen Öko– Gruppen der DDR. Ihr Gesprächspartner hingegen zeigte sich an diesem Punkt reserviert. Die Reise hatte einen Umweltschutz–Schwerpunkt. Laut Hannegret Hönes wurden Defizite, zum Beispiel bei der Rauchgas– Entschwefelung, eingestanden. Im Vordergrund ständen aber immer nur technische Lösungen. Bei dem Besuch der Deponie Schönberg warnte vor allem Thea Bock vor den Problemen, die sich bei der Mischung von gefährlichem Müll mit sonstigem ergeben würden. Die Altlasten–Frage stieß bei ihren Gesprächspartnern auf großes Unverständnis. Allgemeine Auskunft: Es gäbe in der DDR nicht so viele Altlasten. Umweltschutzminister Reichelt - nach langem Nachdenken: „Natürlich haben die Kapitalisten Altlasten bei uns hinterlassen“. Auf die Atomenergie will die DDR nicht verzichten. Aber das Atomprogramm werde reduziert. Es werden keine neuen AKWs mehr gebaut, und auch die Ausweitung des AKW Stendhal sei noch nicht definitiv beschlossen. Im übrigen würden DDR–Experten betonen, daß ihre AKWs jetzt auch „mit westdeutscher Prüftechnik“ ausgestattet werden. Wenn auch Anne Borgmann fast im DDR–Ton das „Klima der freimütigen Aussprache“ betonte, zeigten sich auch Grenzen: Konkrete Daten über Verschmutzung der Region Bitterfeld gab es nicht, auch nicht über den Umfang des Waldsterbens. Außerdem wird die Bevölkerung nicht über die Messung von Arsenbelastungen informiert. Öffentlichkeit an diesem Punkt scheint nicht begrüssenswert.