P O R T R A I T „Die Partei für das Volk öffnen“

■ Takako Doi wurde als erste Frau Vorsitzende einer japanischen Partei

Die Sozialistische Partei Japans wird erstmals von einer Frau geführt. Wären Japans Sozialisten bei den Parlamentswahlen am 6. Juli nicht so fürchterlich baden gegangen, wäre die 57–jährige Juraprofessorin Takako Doi vermutlich immer noch das, was sie seit 1969 war: einfache Abgeordnete, deren Sachkenntnis, soziales Engagement und diplomatisches Geschick zwar von Parlamentsausschüssen wie Bürgerinitiativen geschätzt werden, deren Aufstiegschancen in die Spitzenämter der (in Japan noch mehr als in westlichen Industriestaaten) patriarchalisch dominierten Politik aber gleich null sind. Doch der Stimmverlust von über 20 Prozent beim sommerlichen Urnengang überzeugte die traditionelle von Gewerkschaftsbonzen und linken Ideologen gestellte Führung der Sozialistischen Partei, daß ein grundlegender Imagewandel von Nöten sei, um den seit Jahrzehnten regierenden konservativen Liberal–Demokraten Stimmen abzujagen. Mit achtzigprozentiger Mehrheit wählte die SPJ in ihrer Urabstimmung am Freitag mit Takako Doi erstmals eine Frau zur Vorsitzenden einer Partei, was selbst der konservative Ministerpräsident Nakasone als epochales Ereignis bezeichnete: bis heute sind unter 764 Abgeordneten nur 29 Frauen, im mächtigen Unterhaus gar nur sieben. Obwohl sie sich immer gegen Ehe und Familie entschied, gilt Takako Doi nicht als typische Karrierefrau. Im Gegensatz zu fast allen japanischen Spitzenpolitikern richtete sie ihre Energien nicht in erster Linie darauf, sich eine Garde bedingungslos ergebener Anhänger zu beschaffen. Jahrelang war sie in der Friedensbewegung aktiv, engagierte sich für Frauen, Behinderte und Minderheiten und gegen den japanischen Prostitutionstourismus. Ihr einziges Wahlkampfthema war die Verteidigung der japanischen Friedensverfassung (die unter anderem die Höhe des Verteidigungsbudgets begrenzt) gegen konservative Attacken. Bei ihrer Antrittsrede als Parteivorsitzende wird so manchen - auch aus der eigenen Partei - das Muffensausen gekommen sein: „Ich möchte die Partei für das Volk öffnen. In einer männerdominierten Gesellschaft möchte ich die weibliche Wahrnehmung der Probleme des täglichen Lebens betonen und die Stellung der Menschenrechte stärken - gegen das Denken in Kategorien der Machtpolitik“. Die taz wünscht viel Erfolg. Nina Boschmann