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■ Straßburger Gericht gibt grünes Licht für Cattenom

Cattenom darf in Betrieb gehen, der Atomklotz an der Mosel hat von den Straßburger Richtern grünes Licht erhalten. Soweit so schlecht. Doch die Entscheidung kam überraschend, nachdem selbst die französischen Regierungsvertreter vor Gericht schwerwiegende Mängel im Genehmigungsverfahren zugegeben hatten. Der umstrittene Kraftwerkskomplex war erst 1984 zu einem Zeitpunkt genehmigt worden, als zwei Reaktorblöcke schon nahezu vollständig fertiggestellt waren. Und dieser Sachzwang, die in Beton gegossenen Milliarden, waren heute wie damals der eigentliche Grund für den Sieg der Atom–Mafia. 20 Milliarden Francs lassen sich die EdF und die französische Regierung nicht in den Sand setzen. Diese 20 Milliarden sitzen auch einem Richter auf der Schulter, selbst wenn er dem Verwaltungsgericht Straßburg angehört. So war die insgeheime Hoffnung, daß ein couragiertes Gericht, mit Tschernobyl und dem schweren Cattenom– Störfall im Rücken, auch in Frankreich „irgendwie“ die Wende in der Atompolitik einleiten köntne, am Ende doch nur eine Illusion. Eine Illusion auch deshalb, weil Mitterrand am Ende doch alle Mittel in der Hand gehabt hätte, um den Gerichtsbeschluß außer Kraft zu setzen. Und in Frankreich - und das ist das entscheidende Moment - ist weit und breit keine außer– oder innerparlamentarische Kraft in Sicht, die dies hätte verhindern können und wollen. Außenpolitisch reicht der Druck von Belgien und Lusemburg solange nicht aus, wie Frankreichs mächtigster Nachbar, die BRD, durch ihren Bundeskanzler dem Atomkomplex an der Mosel den Persilschein ausstellt. Für Kohl und Wallmann ist jedes AKW, das im Ausland ans Netz geht, eine Erleichterung und eine willkommene Bestätigung der eigenen - kriminellen - Energiepolitik. Manfred Kriener