Stuttgarter erobern Frankfurter Zentrale

■ Kandidatenkür für den künftigen IG–Metall–Vorstand / Bezirk Baden–Württemberg durch Votum für Siegfried Bleicher und Klaus Zwickel gestärkt / Keine zweite Frau im zukünftigen Vorstand

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Die es werden wollten, hatten das Nachsehen. Die Kandidatenkür des IG–Metall–Vorstandes für die auf dem Gewerkschaftstag fällige Wahl des Geschäftsführenden Vorstandes endete am Montagabend mit einer handfesten Überraschung: Siegfried Bleicher, derzeit noch Mitglied des DGB–Bundesvorstandes in Düsseldorf, und Klaus Zwickel sollen, wenn es nach dem Vorschlag des IG–Metall–Vorstandes geht, neu in den elfköpfigen Geschäftsführenden Vorstand der größten Einzelgewerkschaft im DGB nachrücken. Die vereinzelt ins Gespräch gebrachte Wahl einer zweiten Frau in die Frankfurter Entscheidungszen trale hielten die Männer im 30köpfigen Vorstandsgremium offenbar noch nicht für opportun. Im Vorfeld dieser Entscheidung hatten der Bezirksleiter des mächtigen IGM–Bezirks Baden– Württemberg, Ernst Eisenmann, und der Hannoveraner Bevollmächtigte Klaus Wagner ihre Ambitionen durchblicken lassen, auf die zwei freiwerdenden Vorstandsposten nachzurücken. Während Wagner bisher öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist, stand Eisenmann im Mittelpunkt des Arbeitskampfes um die 35–Stunden–Woche vor zwei Jahren. Er gilt als einer der wichtigsten Kritiker des für Tarifpolitik verantwortlichen Vorstandsmitglieds Hans Janßen. Sein fortgeschrittenes Alter und seine ange schlagene Gesundheit haben jetzt offenbar den Ausschlag gegen seine Kandidatur gegeben. Der designierte erste Vorsitzende Franz Steinkühler hat sich mit dem Stuttgarter Klaus Zwickel dennoch einen zweiten Vertreter des mächtigen Bezirks Baden– Württemberg nach Frankfurt geholt. Zwickel war früher Bevollmächtigter in der Audi–Stadt Neckarsulm und übernahm dann mit Stuttgart die größte Verwaltungsstelle innerhalb der IGM (über 100.000 Mitglieder). Er hat sich in den letzten Jahren des öfteren als Kundgebungsredner gegen Sozialabbau und Rüstungswahn hervorgetan und wird innerhalb des IG–Metall–Spektrums eher zu den Progressiven gerechnet. Dies ist bei Siegfried Bleicher, derzeit noch für Technologie zuständiges Mitglied des DGB–Bundesvorstandes, nicht so klar auszumachen. Auf dem technologiepolitischen Kongreß des DGB im September 85 beugte er sich dem Druck aus der IG–Chemie und lud die zunächst eingeladenen Vertreter der Grünen wieder aus. Auch der von der Kündigung bedrohte Mitarbeiter des Wirtschafts– und Sozialwissenschaftlichen Instituts des DGB (WSI), Ulrich Briefs, wurde von dieser Konferenz ferngehalten. Er favorisiert eine technologiepolitische Linie, die im Zweifel für Einwirkung auf technische Entwicklungen orientiert, statt sie grundsätzlich abzulehnen. (hoffentlich wird aus der Linie nicht ein gedanklicher Kreis) - d. Layouter)