„Hamburger Kessel“ rechtswidrig

■ Ein im Auftrag der GAL erstelltes Rechtsgutachten stellt fest: „Die Einschließung von 840 Demonstranten ist weder durch das Versammlungsgesetz noch nach dem Sicherheits– und Ordnungsgesetz zu rechtfertigen“

Aus Hamburg Tom Janssen

Die weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannt gewordene Einschließung von 840 Demonstranten am 8. Juni war von Anfang an rechtswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein 25–seitiges Rechtsgutachten des „wissenschaftlichen Dienstes“ der Hamburger Bürgerschaft im Auftrag der GAL. Zuvor hatte der Innenausschuß der Bürgerschaft festgestellt, daß diese Einkesselung der 840 Demonstranten, die bis zu 15 Stunden unter teilweise menschenunwürdigen Umständen unter freiem Himmel eingeschlossen waren, spätestens nach drei Stunden rechtswidrig war. Der Innenausschußbericht bezeichnete die Einkesselung als „polizeiliche Geiselnahme“. Schon damals protestierte Hamburgs grün–alternative Liste gegen diese „Drei–Stunden–Lesart“ und bezeichnete sie als „Feigenblatt für den Bürgermeister“. Bürgermeister Klaus von Dohnanyi war nämlich bis 15 Uhr in der Stadt, die Einkesselung begann um 12 Uhr. Das bürgerschaftliche Gutachten stellt nun eindeutig fest, daß Bürgermeister und der verantwortliche Innensenator am 8. Juni rechtswidrig handelten. Mittlerweile ist Innensenator Rolf Lange unter anderem auch wegen des Kessels zurückgetreten. Alfons Pawelczyk, damals zweiter Bürgermeister und jetzt neuer Innensenator, empfahl noch am 8. Juni um 16 Uhr, die Polizeikräfte am Kessel auszuwechseln umd damit den Kessel länger aufrechtzuerhalten. Als Resultat stellt das Gutachten fest, daß die Einschließung weder nach dem Versammlungsgesetz noch nach dem „Sicherheits– und Ordnungsgesetz“ (SOG) gerechtfertigt war. Auf diese beiden Gesetze beriefen sich Polizeiführung und Innensenator als Rechtfertigung für den „Hamburger Kessel“. Weiter widersprechen die Juristen auch der Interpretation, daß Vermummung und passive Bewaffnung das polizeiliche Eingreifen notwendig machten, da dies auf eine kollektive Gewaltbereitschaft der Demonstranten schließen lasse. „Auch Vermummung und passive Bewaffnung reichten deshalb als Grund für die Ingewahrsamnahme nicht aus“, heißt es im Gutachten lakonisch. Heute wird die Hamburger Bürgerschaft sowohl über den Innenausschußbericht wie auch über das Gutachten debattieren.