Verschärfte innenpolitische Spannungen auf den Philippinen

■ Eine Woche vor der USA–Reise von Präsidentin Corazon Aquino spitzen sich die innenpolitischen Spannungen zu / Liberale im Kabinett intrigieren gegen die Militärführung und umgekehrt

Von Mark Fineman

Manila (wps) -Die Schlagzeilen der 23 Tageszeitungen in der Hauptstadt beschwören das Unheil, das da kommen mag: „Militär will freie Hand“, warnt der Manila chronicle, „Kabinettzank eskaliert“, meint das Massenblatt Tempo, „Putschangst unbegründet, aber das Militär ist wachsam“, titelt der Philippine Star. Nur wenige Tage vor der USA–Reise von Präsidentin Corazon Aquino ist Manila eine einzige Gerüchteküche. Über einen Staatsstreich wird ebenso spekuliert wie über Machtkämpfe im Kabinett, die Rückkehr von Marcos aus dem Exil in Hawaii oder eine Machtübernahme der Kommunisten. Schon sah sich die Präsidentin genötigt, zur Beruhigung der Presse eine Ergebenheitsadresse von ihrem Verteidigungsminister einzuholen, wurde ein aus verläßlichen Kabinettsmitgliedern bestehender Sicherheitsrat für die Dauer ihrer Abwesenheit mit umfassenden Vollmachten ausgestattet. Obschon sie übertrieben erscheint, ist die Sorge über Aquinos Reise nicht ganz unbegründet. Denn als die Präsidentin der Hauptstadt im Juli für ganze zwei Tage den Rücken kehrte, um abgelegene Provinzen zu besuchen, nutzten Anhänger des gestürzten Diktators das vermeintliche Machtvakuum prompt für einen publicityträchtigen - wenn auch erfolglosen - Putschversuch. Bis zur Stunde wurde keiner der beteiligten 300 Soldaten und keiner der zig zivilen Putschsympathisanten bestraft (wenn man von 30 Liegestützen als militärische Disziplinarmaßnahme absieht). Ohne Hemmungen schüttet der umstrittene Verteidigungsminister Enrile zusätzlich Öl ins Feuer. Er läßt keine Gelegenheit aus, seine Meinungsverschiedenheiten mit Aquinos Beratern über das Umgehen mit dem linken bewaffneten Widerstand zu betonen. So verkündete er am vergangenen Montag vor Offizieren in Manila: „Wenn ich meine Geduld verliere, bin ich wie Rambo und allmählich verliere ich die Geduld“. Einen Tag danach beklagte er im Manila Playboy Club, einem beliebten Treffpunkt der Oberklasse, die Öffentliche Ignoranz gegenüber den Leiden seiner Soldaten im Guerillakrieg und die Unfähigkeit der Regierung, eine kohärente militärisch– politsche Counterinsurgency–strategie zu entwickeln. Obschon Enrile auf Anfrage stets leugnet, Putschgelüste zu haben und versichert, er stehe loyal zur Regierung, bleibt das Mißtrauen, und die Attackierten schlagen gnadenlos zurück. Auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche bezeichnete sein Gegenpart, der liberale Minister für Lokalverwaltung, Pimentel, den Verteidigungsminister als „American Boy“, dem die Sicherheitsbelange der Vereinigten Staaten wichtiger seien als der Frieden zu Hause und forderte ihn auf, entweder seine Kritik einzustellen oder zurückzutreten. Allen Gerüchten zum Trotz wird der Machtkampf aber vermutlich nicht in den Kasernen entschieden, sondern bei den Lokal– und Parlamentswahlen Anfang nächsten Jahres. Es wird erwartet, daß Enrile dann mit der jetzt wiederaufgebauten alten konservativen Nacionalista Party gegen die Liberalen zu Felde zieht.