Zählung wird teuer

■ Zunehmende Klagen der Kommunen über Kosten der Volkzählung

Berlin (taz) - Nachdem Ende letzten Monats die Lübecker Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD und Grünen einen Antrag verabschiedet hatte, wegen der hohen Kosten die Vorbereitungen zur Volkszählung sofort zu stoppen, regt sich nun auch in anderen Städten und Gemeinden der Unmut gegen die Mammuterhebung. Der hessische Städtetag hat jetzt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die für Mai 1987 geplante Volkszählung erhoben. Dabei geht es den hessischen Kommunen nicht um datenschutzrechtliche Bedenken, sondern um die sich abzeichnenden steigenden Kosten dieses „Unternehmens“, die nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen allein zu Lasten der Städte und Gemeinden gehen. Eine Stadt wie Kassel hätte nach den Berechnungen des hessischen Städtetages allein mit 1,2 Mio. DM Mehrkosten zu rechnen. Einige Städte wollen daher die Kosten von Bund und Land einklagen. Die hessische Landtagsgruppe der Grünen hat inzwischen in einem Brief alle Kreisverbände aufgefordert, nach dem Vorbild von Lübeck mit dem Hinweis auf die hohen Kosten Anträge zum „sofortigen Ausstieg“ aus der Volkszählung zu stellen. Durch die rot– grünen Mehrheitsverhältnisse in zahlreichen Stadt– und Gemeindeparlamenten hätte Hessen ernsthafte Chancen, mit solchen Anträgen Sand in die Volkszählungsmühle zu streuen. Ob solche Beschlüsse zum Stopp der Volkszählungsvorbereitungen allerdings rechtlichen Bestand hätten, ist fraglich. Die Volkszählung basiert auf einem Bundesgesetz. Die hessischen Grünen kämen bei solchen „Ausstiegsbeschlüssen überdies in die peinliche Situation, auf kommunaler Ebene gegen Kosten votieren zu müssen, denen sie auf Landesebene längst zugestimmt haben. Im hessischen Landeshaushalt 86 stellten die Grünen Volkszählungsgegner 2,6 Mio. DM für die Vorbereitung der Zählung zur Verfügung. Im gerade verabschiedeten Haushalt für 1987 stimmten sie 14,9 Mio. DM im Haushaltspaket zu. In Lübeck hat inzwischen der der CDU angehörende Bürgermeister Widerspruch gegen den „Ausstiegsbeschluß“ de Bürgerschaft aufgestellt. Dieser Widerspruch hat aufschiebene Wirkung, so daß in Lübeck die Vorbereitungen für die Volkszählung trotzdem weitergehen. In der nächsten Woche wird die Bürgerschaft der Hansestadt erneut über das Thema beschließen müssen. Ob die SPD ihren Antrag zum Stopp weiterhin aufrechterhält, ist unklar. Ve.