Nahöstliche Logik

■ Zur israelisch–ägyptischen Einigung um Taba

Ein Skorpion will ans andere Ufer des Jordans und fragt einen Frosch, ob es ihn nicht tragen könnte. Der Frosch ist skeptisch. „Nachher willst Du mich nur abstechen“. Meint der Skorpion: „Das wäre doch unlogisch. Dann würde ich ja selber ersaufen“. Das leuchtet dem Frosch ein, und er nimmt den Skorpion auf den Rücken. Genau in der Flußmitte sticht dieser doch zu. Dem Frosch, im Todeskampf, gelingt es nur noch, eine Frage zu stellen: „Aber das war doch unlogisch?!“ Meint der absaufende Skorpion: „Hast Du im Nahen Osten schon jemals erlebt, daß etwas logisch ist?“ An der Geschichte ist etwas dran. Der Nahe Osten ist seit gestern um eine Absurdität reicher, die dem Dialog zwischen Skorpion und Frosch bequem das Wasser reichen kann. Da streiten sich Ägypten und Israel seit Jahr und Tag erbittert um ein Stück Wüste von sage und schreibe einem Quadratkilometer Größe. Und jetzt erfolgt eine Einigung, die auch gleich mit einem seit langem verschobenen Staatsbesuch von Perez bei Mubarak gekrönt wird. Doch die Einigung ist gar keine. Geeinigt hat man sich nämlich lediglich darauf, einer internationalen Kommission die Einigung zu übertragen. Wer diese Kommission leiten soll, was sie beschließen wird und wann es zu einer Einigung kommt, bleibt vollkommen offen. Um greifbare Ergebnisse zu erwarten, wird man mindestens ein Jahr rechnen müssen. Und so ist es denn auch verfehlt, von einer positiven Entwicklung im Nahostkonflikt zu sprechen. Viel zu isoliert ist darfür Mubarak in der arabischen Welt, viel zu kompromißlos bleibt Israel. Taba wird kein Meilenstein für einen Friedensprozeß im Nahostkonflikt. Der Grenzstreifen bleibt ein Stück Sand. Klaus Hillenbrand