Rechtsradikaler belastet Lummer

■ Ausschuß untersucht geheime Spenden des Ex–Innensenators und zukünftigen Bundestagsabgeordneten

Von Benedict M. Mülder

Berlin (taz) - „Vermummt war er, der Kragen war hochgeschlagen und der Hut ins Gesicht gezogen.“ So beschrieb der Empfänger den Geldboten, der Anfang 1971 CDU–Gelder an die rechtsradikale Szene Berlins verteilte. Der damalige CDU–Fraktionsvorsitzende und spätere Innensenator Heinrich Lummer hat einen solchen Transfer öffentlich eingeräumt. Heute will die CDU auf ihrem Landesparteitag den im Zuge der Antes–Affäre zurückgetretenen Senator für ein Bundestagsmandat nominieren. Da kommt ihr gar nicht gelegen, daß sich einen Tag vorher ein Unterausschuß des Parlamentarischen Innenausschusses seiner Verbindungen zur rechten Szene der Stadt annahm. Mit dem Geld, so ließ sich Lummer ein, sollte den Rechtsradikalen die Kandidatur zur Wahl 1971 abgekauft werden. Dabei, so der Ex– Senator steif und fest, seien diese auf die CDU zugegangen, hätten sie unter Druck gesetzt und Geld verlangt. „Mir war klar, daß es auch für Werbemaßnahmen gedacht war“, erläuterte Lummer, „daß sie es nicht versaufen“. An ein Überkleben etwa von SPD–Plakaten habe er dabei nicht gedacht. Und doch fanden sich damals kurz vor dem Wahltermin mehrere Plakatflächen der SPD zerstört oder mit rechten Sprüchen versehen (“Sozis raus aus dem Senat“). Lummer räumte mehrere Gespräche mit zum Teil stadtbekannten Neonazis ein, natürlich fandenxy alle nur im Interesse des demokratischen Staatswesens statt. Einer, der auch dabei war und gestern Lummers forsch vorgetragener Version ein geradezu frisches Gedächtnis entgegensetzte, war der rechtslastige Schneider meister Philipp Gölles, der 1971 als Abgesandter der „Deutschen Volkspartei, Wählergemeinschaft“ einer von Lummers Kontaktleuten war. In beinahe militärischem Tonfall zeichnete er ein anderes Bild. Tatsächlich habe Lummer den Faden aufgenommen und die Kontakte gesucht. Von einer Verhinderung der Wahlbeteiligung habe keine Rede sein können, weil die von den Rechten „mangels Masse“ ohnehin weit vor den Wahlen abgeblasen geworden sei. Bei einem Gespräch im CDU–Fraktionszimmer habe sie Lummer stattdessen ersucht, eine Wahlaktion zugunsten der CDU zu unternehmen. Als ihm dann ein Kostenvoranschlag und die Texte der Plakate vorgezeigt wurden (“Paß auf, wohin die Reise geht, denn nach der Wahl ist es zu spät, der Bonze dann ins Ausland zieht, und du kommst ins Polargebiet“), habe er sich zufrieden geäußert: „Da werden sich die Linken aber ärgern“, und die Übernahme der Kosten zugesagt. „Nächste Woche gibt es weiter Geld“, habe auch der vermummte Geldbote auf dem Sachsendamm versprochen. Daraus wurde, so weit bekannt, aber nichts mehr. Dafür besorgten man den „Rechten“ einen CDU–Anwalt, weil infolge der Plakataktion gegen sie wegen Beleidigung ermittelt worden war. Den CDU–Mitgliedern im Ausschuß waren die Ausführungen sichtlich peinlich. Zumal Lummer soviel Wert darauf legte, Mitwisser aus der Partei zu decken. Dabei war es damals gang und gäbe, meinte einer gegenüber der taz gestern, sich im CDU–Landesvorstand über gemeinsame Aktionen gegen „Links“ Gedanken zu machen. Auch Peter Lorenz, Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär, war zu diesem Zweck eigens mit NPD–Leuten zusammengekommen.