: Doppelt bestraft
■ Totalverweigerer Kai Kanz wurde zum zweiten Mal verurteilt Richter: Gefängnisstrafe soll „abschreckende Wirkung“ ausüben
Aus Heidelberg Rolf Gramm
Zum zweitenmal hat die Große Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach den 21jährigen Stuttgarter Totalverweigerer Kai Kanz zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt. Wegen „Fahnenflucht“ und „Gehorsamsverweigerung“ soll Kanz erneut für 14 Monate ins Gefängnis, nachdem er eine erste achtmonatige Haftstrafe gerade verbüßt hat. Die zusammen 22 Monate sind die bislang höchste Verurteilung wegen einer Totalverweigerung. Die Bad Kreuznacher Richter hoben damit einen erstinstanzlichen Freispruch durch das Jugendschöffengericht Idar– Oberstein auf. Das grundgesetzliche Verbot der Doppelbestrafung derselben Tat, so der Vorsitzende Richter Volker Mey, greife in diesem Falle nicht, da Kanz nicht rechtskräftig als Kriegsdienstverweigerer anerkannt sei. Daß der Angeklagte aus Gewissensgründen handle, sei daher nicht genügend abgesichert. Seine Entscheidung, der erneuten Aufforderung zum Dienstantritt nicht zu folgen, könne nicht als erneute Tat gewertet werden. Aus „generalpräventiven Gesichtspunkten“ werde die Strafe auch nicht zur Bewährung ausgesetzt. Von dem Urteil müsse eine „abschreckende Wirkung“ ausgehen, damit die „Disziplin der Truppe“ gewahrt bleibe. Kai Kanz war 1985 zur Bundeswehr einberufen worden, hatte den Dienst aber nicht angetreten und auch keinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt. Die Ersatzdienste, so Kanz zur taz seien „im Rahmen der Gesamtverteidigungskonzeption nichts anderes als Kriegsdienst ohne Waffe und damit Beihilfe zum Krieg“. Die erste Anklage wegen „Fahnenflucht“ war vom Jugendschöffengericht in Idar–Oberstein mit einem Freispruch beantwortet worden, weil der 21jährige eine „ernsthafte Gewissensentscheidung“ getroffen habe. In der Berufung wurde er damals vom Landgericht Bad Kreuznach zu 8 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Daß Kanz auch seiner erneuten Einberufung nicht folgte, brachte ihm das jetzige zweite Verfahren ein. Der Totalverweigerer hat gegen das „brutale Urteil“ Revision beim Oberlandesgericht Koblenz eingelegt.
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