SDI–Dissident

■ Röntgenlaser–Spezialist setzt durch Ausstieg Zeichen

Peter Hagelstein, einer der führenden Wissenschaftler aus der Röntgenlaser–Entwicklung, einem zentralen Forschungskomplex des SDI–Programms, ist ausgestiegen (siehe taz, Seite 1 von gestern). Er möchte eine Arbeit machen, die dem „Wohl der Menschheit“ dient, und wird am Massachusetts Institut im Bereich Computerwissenschaften eine Lehrtätigkeit aufnehmen. Das SDI–Management versucht, Hagelsteins Schritt herunterzuspielen - und das mit gutem Grund. Zum einen stellen Dissidenten aus der SDI–Forschung in ihrer Funktion als Geheimnisträger eine hochbrisante Waffe gegen das Programm selbst dar. Zum anderen könnte die Entscheidung des Laser–Spezialisten auch anderen, heimlich zweifelnden Kollegen, einen Anstoß geben. Zum dritten demonstriert sie der Öffentlichkeit, daß die SDI– Forschung aus größerer Nähe mehr und nicht weniger Skrupel verursacht, und untergräbt somit das Argument, daß die Kritik daran eine Folge mangelnder Informiertheit sei. Sicher, es gibt nach wie vor Tausende, die sich im Interesse einer wissenschaftlichen Karriere zwingen, nicht über ihren Schreibtischrand hinwegzudenken. Aber es gibt auch Tausende von Wissenschaftlern, die von vornherein darauf verzichten, ihr Geld mit Waffenbau zu verdienen. Es ist weniger öffentlichkeitswirksam, einen „Traumjob“ auszuschlagen, als aus der Kriegsforschung abzuspringen, deshalb aber nicht weniger verdienstvoll. Hagelsteins Entscheidung sollte zugleich als Verweis auf alle diejenigen verstanden werden, die auch ohne die Erfahrung persönlicher Gewissensbisse für sich entscheiden, lieber Taxi zu fahren, als Bomben zu basteln. Imma Harms