„Nichts gegründet, nur diskutiert“

■ Der Initiativkreis für eine Grünen–nahe Heinrich–Böll–Stiftung traf sich am Wochenende in Köln Koordinationskreis gebildet / Gründung noch nicht eingeleitet / Vorbehalte der Familie Böll

Aus Köln Ulli Kulke

Die Initiative zur Gründung der Heinrich–Böll–Stiftung aus grüner und nichtgrüner Prominenz hat bei ihrem ersten Treffen am Sonntag einen sechsköpfigen Koordinierungskreis aus seiner Mitte ins Leben gerufen, der die weiteren Diskussionen der Initiative organisieren soll: der Zu kunfts– und Friedensforscher Robert Jungk, Rene Böll (der Sohn Heinrich Bölls), der Dritte–Welt– Publizist Siegfried Pater, Christine Merkel sowie die beiden grünen Politiker Otto Schily und Christa Nickels. Man einigte sich auf weitere Treffen im Dezember und im März und eines noch vor der Sommerpause, auf denen abermals über Inhalte einer „parteiunabhängigen und grünnahen Stiftung“ und über die Struktur einer solchen Institution beraten werden soll. „Wir haben nichts gegründet, es hat sich nur ein Gesprächskreis gefunden“ - mit diesen Worten gegenüber der Presse wollte Otto Schily nach dem Treffen die Wogen glätten, die innerparteilich hochgingen, als das geplante Treffen in der vergangenen Woche bekannt wurde. Unter anderem sieben Vorstandsmitglieder und Petra Kelly hatten die Initiatoren aufgerufen, das Treffen abzusagen - vor allem unter Hinweis auf einen Beschluß des Bundeshauptausschusses der Grünen, der sich gegen Stiftungsinitiativen zum jetzigen Zeitpunkt aussprach (taz vom 9.9.). Zunächst müsse innerparteilich, basisdemokratisch darüber beraten werden, hieß es. Wer von den Kritikern angenommen hatte, am Wochenende werde die Stiftungsgründung festgeklopft, war in der Tat einem Irrtum aufgesessen. Über Fragen der rechtlichen und organisatorischen Struktur der Stiftung wurde gar nicht diskutiert, und bei den Inhalten klafften die Vorstellungen noch weit auseinander. Während Robert Jungk für die Förderung sozialer Zukunftsexperimente eintrat, träumen andere von einem grünen Bildungswerk, und ein indischer Teilnehmer des Treffens trat dafür ein, die Staatsgelder, auf die die Stiftung Anspruch erheben könnte, sollten direkt an die Dritte Welt zurückgegeben werden. Der grüne AL–Politiker Rainer Langhans plädierte dafür, sich die Berge anzusehen, bevor man ins Tal gehe, es müßten wieder mehr Visionen her. Auch wenn über Organisatorisches nicht direkt gesprochen wurde, so war doch eines der heikelsten Themen im Hintergrund das Verhältnis einer solchen Stiftung zur grünen Partei. Um an die Parteiproporzgelder heranzukommen, muß das Ganze parteiunabhängig und parteinah gleichzeitig sein. Wenn die Unabhängigkeit einer solchen Stiftung ernst genommen werden solle, mahnte der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag Vesper, dann dürften grüne Gremien jetzt nicht einem solchen Kreis vorschreiben, wann er über was diskutieren darf. In einer Erklärung machte die Familie Böll deutlich, daß der Name Böll für die Stiftung nicht zur Verfügung stünde, wenn die Partei den Gründungsprozeß zu eng an sich ziehe und etwas Vergleichbares wie bei den anderen Parteien herauskomme. Die grüne „Wegrückerin“ Antje Vollmer plädierte dafür, sich mit einer Stiftung noch Zeit zu lassen, man dürfe nicht die gleiche Hast an den Tag legen wie bei der Parteigründung, die für viele Beobachter zur Verdrängung außerparlamentarischer Initiativen und Bewegungen geführt habe. Otto Schily hielt dagegen, daß man in stürmischen Zeiten keinen Luxusdampfer bauen könne, in der Eile müsse man eben auch mal mit einem Floß Vorlieb nehmen.