Antes–Verfahren aufgesplittert

■ Verfahren gegen Schankwirt Schwanz „vorläufig eingestellt“ / Droht Antes–Prozeß zu platzen?

Berlin (taz) - Das Verfahren steht auf der Stelle wie ein „Segelschiff im Kreiselwind“, versuchte sich gestern Staatsanwalt Fätkinhäuer noch in einer beruhigenden Charakterisierung des 26. Verhandlungtages im Prozeß gegen Antes & Co, die acht Angeklagten aus der Berliner Bau– und Bordellbranche. Dann stand jedoch fest: Ein Segel ist gebrochen, das Verfahren gegen den Angeklagten „Schankwirt“ Wolfgang Otto Schwanz muß anderweitig betrieben werden. Ein Gutachter hatte festgestellt, daß für den an Galle und Niere schwer erkrankten Schwanz eine Operation vor dringlich sei. Der Richter gab dem Aussetzungsantrag von Verteidiger Bärlein statt und begründete die „vorläufige Einstellung des Verfahrens“ damit, daß eine „ordnungsgemäße Fortsetzung der Verhandlung mit diesem Angeklagten nicht mehr gewährleistet ist“. Allerdings bleibe der Haftbefehl aufrechterhalten. Schwanz, der wegen Bestechung, Beihilfe zur Bestechung und Brandstiftung angeklagt ist, muß sich nach seiner Genesung der gleichen Kammer stellen. Er hatte sich bisher zur Anklage nicht geäußert, weil dies, so sein Anwalt, „das beste Mittel ist, seine Unschuld zu beweisen“. Auch der frühere Baustadtrat Antes hat bisher die Vorwürfe gegen ihn bestritten, die Entgegennahme von Geldern für die persönliche Parteiarbeit aber eingeräumt. Die Verteidiger von Antes starteten gestern einen zweiten Coup, der nach Ansicht des Hamburger Strafrechtlers Heinz Wagner zum „Platzen“ des Prozesses führen könnte. Nach Ansicht der Verteidiger habe der Vorsitzende Richter Hillebrand sich der Irreführung und Täuschung der Verfahrensbeteiligten schuldig gemacht. Hillebrand habe ein Telefongespräch mit einem Anstaltsarzt verschwiegen, woraus hervorginge, daß der an der Blase erkrankte Antes bereits im Juli verhandlungsunfähig gewesen sei. Dies, so die Anwälte, beründet die Besorgnis der Befangenheit. Wäre Antes an dem damaligen 16. Prozeßtag verhandlungsunfähig gewesen, stünde ein schwerwiegender formaler Fehler ins Haus, da die Fristen für die mögliche Unterbechung eines Prozesses nicht mehr eingehalten wurden. Das Gericht will am nächsten Freitag über den neuerlichen Aussetzungsantrag entscheiden. Revisionsgründe, meinte ein Anwalt, „haben wir ohnehin schon so viele gesammelt, wie andere ihre Scheine“. bmm