Hausbesetzer verbarrikadiert

■ Nach heftigen Krawallen am Wochenende solidarisieren sich jetzt Prominente mit den Jugendlichen

Aus Kopenhagen Jo Feindt

Im Laufe des Sonntags ging es los. Rund 300 junge Hausbesetzer verteidigten ein Haus in der Ryesgade 58 im Kopenhagener City–Stadtteil Österbro. Schnell breitete sich der Widerstand gegen die gewaltsame Räumung durch die Polizei auf mehrere Straßen der Umgebung aus. Es flogen Molotow– Cocktails, Hunderte schwerer Pflastersteine, Autos wurden umgekippt, Feuer gelegt, Baustellen geplündert, Barrikaden gebaut. Dies sind die ersten großen Hausbesetzerkrawalle in der dänischen Hauptstadt seit drei Jahren. Bei dem Streit geht es um ein großes fünfstöckiges Wohnhaus älteren Baudatums, das von den rund 300 Besetzern seit dreieinhalb Jahren bewohnt und renoviert wurde. Von Anfang an standen sie in Verhandlungen mit dem Besitzer, einer Wohnungsorganisation mit dem Namen „ungbo“ (Junges Wohnen), die unter anderem mit Staatsgeldern Wohnraum für Jugendliche baut und verwaltet. Die Verhandlungen, so sagen jedenfalls die Besetzer, hätten dieser Tage kurz vor dem Abschluß gestanden. Die Bewohner des Gebäudes wollen sich jetzt nicht kurzerhand gewaltsam aus dem Haus räumen lassen. Sie werden von alten Häuserkämpfern aus West–Berlin und Amsterdam unterstützt. Mittwochmittag war das ganze Viertel von Spezialkampfeinheiten abgeriegelt. Die Polizei hielt sich allerdings auf Distanz und ließ durchblicken, daß sie nicht den Kopf hinhalten wollte für die Sünden der Politiker. Firmen aus der Gegend rechneten mit Übergriffen der Besetzer, so auch eine große Baufirma, deren Baufahrzeuge angezündet und abgebrannt wurden. Sie haben inzwischen soviel Zulauf und Unterstützung, daß die Polizei nur mit großem Aufwand die fünf kleinen Straßenabschnitte und das Haus räumen könnte. Gestern nachmittag organisierten die dänischen Grünen und Linkssozialisten eine Solidaritätsdemonstration für die Hausbesetzer. Kim Larsen, berühmter dänischer Rockgitarrist, Sänger und Multitalent, hat vorgestern ein Garantieangebot über zwei Millionen Dänenkronen für das Haus gemacht. Er selbst lebt, obwohl er inzwischen Multimillionär ist, immer noch in einer kleinen Dreizimmerwohnung im Kopenhagener Hafenmilieu. Auch die europaweit bekannte Gruppe „Savage Rose“ trat vorgestern vor den Barrikaden auf. Damit ist für viele Beobachter eine friedliche Lösung abzusehen.