177 Tote bei Grubenunglück

■ In Südafrika erstickten 177 Schwarze in einer Goldmine / Gewerkschaftsführer spricht von unannehmbaren Sicherheitsrisiken / Betroffene sind Wanderarbeiter

Johannesburg (afp/wps/taz) - Beim schwersten Grubenunglück der letzten 25 Jahre, dem zweitschwersten in der südafrikanischen Bergwerksgeschichte, sind am Dienstag und Mittwoch mindestens 177 schwarze und fünf weiße Kumpel ums Leben gekommen und 235 verletzt worden. Die Katastrophe ereignete sich am Dienstagmorgen in der zum GENCOR–Konzern gehörenden Kinross–Goldmine 120 km östlich von Johannesburg. Ein Gascontainer explodierte bei Schweißarbeiten in einem Verbindungstunnel, Kabel und andere Geräte gerieten in Brand und die Arbeiter, die sich nicht sofort aus den engen in 1.600 Meter Tiefe gelegenen Stollen befreien konnten, wurden durch das freiwerdende Kohlendioxyd und Kohlenmonoxyd vergiftet. Die Opfer sind fast ausschließlich schwarze Wanderarbeiter aus den südafrikanischen Nachbarstaaten Lesotho, Malawi, Swaziland und Mozambique. Die Sicherheitslage in der Goldmine von Kinross war, wie Grubendirektor Kobus Olivier zugab, erst kürzlich in der internationalen Sicherheitsskala von fünf auf drei zurückgestuft worden. Zwischen 1973 und 84 kamen in Südafrika 8.500 Bergleute bei Grubenunglücken ums Leben, 230.000 wurden bei Unfällen verletzt. Neun von tausend südafrikanischen Bergarbeitern sterben bei der Arbeit in der Grube. Fortsetzung auf Seite 6 Der Vorsitzende der größten schwarzen Minenarbeitergewerkschaft NUM, Cyril Ramaphosa, sprach in diesem Zusammenhang am Mittwoch von „der Verschwendung schwarzer Menschenleben zur Erlangung höherer Profite“: Die Sicherheitsbestimmungen seien generell unannehmbar und die Unfälle geschähen durchweg durch Faktoren, die vom Management ohne weiteres voraussehbar und vermeidbar seien. Das Management des GENCOR–Konzerns, des zweitgrö ßten Minenunternehmens nach der Anglo–American Corporation, sei verantwortungslos. Anleihen des GENCOR–Konzerns sind seit August auch an der Frankfurter Börse im Angebot. Nach einer Untersuchung der NUM, die nach dem letzten großen Grubenunglück 1983 durchgeführt wurde, sterben allein im Goldbergbau jährlich über 600 Arbeiter. Das bislang schwerste Unglück aller Zeiten geschah 1960 im Kohlebergwerk Coalbrock North südlich von Johannesburg und forderte über 430 Tote. Südafrikanische Schächte gehören zu den tiefsten der Welt und das ohnehin hohe Risiko wird durch das nach Rassen getrennte System der Arbeitsorganisation noch gesteigert. NUM–Projektleiter Webster: „Weisse Bergleute bringen schwarze Bergleute in Gefahr, weil sie aufgrund des nur für sie geltenden Prämiensystems an möglichst hohen Produktionsergebnissen interessiert sind und dabei die Sicherheitsvorschriften vernachlässigen. So erreichen sie häufig 15mal so hohe Löhne wie ihre - meist ungelernten und oft unerfahrenen schwarzen Untergebenen. Den eigenen Kopf riskieren sie kaum, da sie nur selten am Ort des Geschehens sind.“