Amal–Demo für Unifil–Truppen im Südlibanon

■ Schiitenpartei mobilisiert massive Unterstützung in der Bevölkerung und verspricht rigorose Verfolgung der Unifil–Attentäter PLO ausgebootet? / Keine Zwischenfälle zwischen Amal–Schiiten und Khomeini–Anhängern trotz latenter Spannungen

Aus Sour Petra Groll

Zehntausend, allerhöchstens Fünfzehntausend Libanesen sind es geworden, die auf die massive Mobilisierung der Schiitenpartei Amal reagiert haben und am Mittwochmittag in der Hafenstadt Sour für die weitere Anwesenheit der UN–Sicherheitstruppen (Unifil) im Süden des Landes demonstrieren. 15.000 sind für ein Land mit maximal vier Millionen Einwohnern recht viel. Die Veranstalter hatten jedoch 500.000 Teilnehmer angekündigt. Aktueller Anlaß ist der Besuch des finnischen Brigadegenerals Gustaf Haeggelund in Sour. Er trifft die lokalen Führer von Amal, den militärischen Verantwortlichen Daoud–Daoud und den religiösen Chef Sheikh Kabalan. Und er verhandelt mit den in der Nähe von Sour stationierten Unifil– Truppen über die weitere Präsenz vor allem des französischen Kontingents. Die mit der UN–Resolution 425 bereits 1988 in den Südlibanon entsandten Peacekeeper, vor allem aber die Franzosen, sind in den vergangenen sechs Wochen heftiger denn je angegriffen worden. Ca. 120 Tote hat es seit 1978 gegeben, davon 20 allein in diesem Jahr. Amal, mit ihrem Chef Nabih Berri, Justiz– und Südlibanon–Minister, verspricht sich von der Unifil–Präsenz eine gewisse Stabilität für den Süden. Minister Berri ist nicht anwesend, er hat geschworen, seinen Fuß nicht eher in die Landschaft zu setzen, bis der letzte Israeli libanesisches Territorium verlassen hat. An seiner Stelle erklärt Daoud– Daoud Amals Haltung. Die Angriffe - größtenteils ferngesteuerte Bomben - auf Unifil werden verurteilt. Amal–Milizen seien eingesetzt worden, die Attentäter zu fangen. Volkes Stimme schreibt die Angriffe gegen Unifil den Arafat– treuen Palästinensern zu: Sie operierten unter dem Cover von Hizballah,, den Teheran–orientierten Schiiten, meint eine knapp 40jährige Frau aus dem Dorf Bour–Rahal. Hizballah ist in den letzten eineinhalb Jahren tatsächlich stark geworden. Teheran lehnt die UNO–Resolution 425 entschieden ab. Erst Ende August verabschiedeten eine ganze Reihe prominenter libanesischer Hizballah–Chefs die „Baalbek–Erklärung“, in der sie dem iranischen Ayatollah Khomeiny das letzte Wort in Sachen Südlibanon zuschreiben. Eine Woche zuvor hatte die Regierung in Teheran ein Statement veröffentlicht, in dem es heißt, Unifil diene lediglich den Interessen Israels. Gleichzeitig mit dieser Erklärung stieg auch die Spannung zwischen Unifil und den schiitischen Amal–Milizen. Später wurden nur noch Hizballahis für die Auseinandersetzungen verantwortlich gemacht. Fast täglich, auch in der Nacht zum Mittwoch, kommen die Unifil–“Blauhelme“, genannt nach ihren himmelblauen Käppis, unter Beschuß. Daoud–Daoud, oberster Militär der Amal–Milizen im Süden, mochte sich der taz gegenüber allerdings auf keine der Spekulationen festlegen. „Wir werden nicht zögern, die Attentäter zu bestrafen, sie notfalls aufzuhängen“, sagte Daoud–Daoud, der für seine Untergrund–Operationen gegen die Israelis bekannt ist. „Bislang aber können wir den Leuten, die wir festgenommen haben, nichts eindeutig nachweisen. Sollte das der Fall sein, wird es keine Rolle spielen, ob es Hizballahis, Arafatisten oder gar Amal–Leute sind, sie werden von uns bestraft.“ Und doch, die Demonstration in Sour ist auch Anti–Arafat–Propaganda. Die Palästinenser im Südlibanon haben schwer an den Altlasten aus Zeiten der PLO– Herrschaft im Libanon (vor 82) zu tragen. Seit im letzten Jahr der Beiruter Lagerkrieg ausbrach, kommt es auch ständig zu Kämpfen und Kidnappings zwischen Amal und Palästinensern im Südlibanon. So ist z.B. das älteste Flüchtlingslager im Süden, Rashediye, wenige Kilometer südlich vor Sour, von Amal–Milizen umstellt, die nicht einmal libanesische Hilfsorganisationen ins Lager lassen. „Allerdings sind die Palästinenser im Süden viel stärker als in Beirut“, erklärte ein PLO–Militär in Saida der taz, „da wird Amal sich gut überlegen, ob sie es auf einen offenen Kampf ankommen lassen.“ Amal fordert von den Palästinensern, sie sollten sämtliche Waffen strecken und abliefern, und sich auch im Kampf um Palästina unter das Kommando von Amal stellen. Aus den blutigen Beiruter Lagerkriegen folgern die Palästinenser aber, daß sie Amal nicht trauen können und auf bewaffnete Verteidigung keineswegs verzichten können. Außerdem will Amal ihrer Ansicht nach nichts weiter als Frieden mit Israel - Kapitulation in palästinensischer Lesart. Neben den Pro–Unifil–Parolen sind auf der Demo in Sour Anti– Arafat–Sprüche am häufigsten zu lesen. Die Schiiten Südlibanons scheinen von den Ankündigungen der PLO–Führung, man sei im Süden wieder so stark wie vor 82, beunruhigt. „Wir haben unser Blut für den Süden gegeben, wir wollen unser Land“, schreien die Frauen und singen Loblieder auf Amal und den Chef Berri. Daneben sind auch andere politische Tendenzen vertreten als die laizistische des Amal–Chefs, etwa in Form von Khomeini–Bildern und Fähnchen von Hizballah. Die befürchteten Zwischenfälle zwischen Hizballahis und Amal–Anhängern bleiben während der Demo aus, obwohl es in den vergangenen Tagen wiederholt Tote und Verletzte gegeben hat, im Süden wie auch in Beirut, wo Amal und Hizballah um die Herrschaft über die libanesischen Schiiten ringen. Am Nachmittag geben sich sowohl die Repräsentanten von Amal wie auch der eingereiste Unifil–General zufrieden. Amal spricht von mehr als 200.000 Leuten, die die Partei–Politik unterstützt hätten. General Haeggelund sieht die Aufgaben und die Präsenz von Unifil „von der Mehrheit der Bevölkerung Südlibanons“ unterstützt und verspricht der versammelten Menge erneute Bemühungen der UN–Truppen, die israelischen Besatzer vom Abzug aus dem Süden zu überzeugen. Den aktuellen Streitpunkt aber haben die Gesprächsparteien offensichlich nicht beilegen können. Amal will, daß die französischen Blauhelme in ihren jetzigen Positionen bleiben und lediglich die Sicherheitsmaßnahmen verschärft werden. Immerhin hat auch die Führung der libanesischen Armee den Franzosen Einheiten der regulären libanesischen Armee als Schutz und Verstärkung zugesagt. General Haeggelund hofft, daß die Franzosen bleiben. Die Attentate hätten ja in der letzten Zeit auch wieder etwas abgenommen, versucht er zu beschwichtigen. „Zumindest“, meint er, „wird das French–Batt aus den gefährlichen Stellungen verlegt und durch andere ersetzt“.