Britisches Ausstiegsszenario

■ Greenpeace stellt Vier–Jahres–Plan zur Schließung aller AKWs vor

Aus London Rolf Paasch

Eine von der Umweltorganisation Greenpeace in Auftrag gegebene Studie hält für Großbritannien den völligen Ausstieg aus der Atomenergie innerhalb von vier Jahren für möglich. Das von der Umweltberatungs– Organisation Earth Resources Research (ERR) entworfene Szenario geht davon aus, daß ein solcher Direktausstieg arbeitsmarktpolitisch neutral bliebe, technisch durchführbar sei und lediglich zu einer Erhöhung der Strompreis um zehn Prozent führen werde. Zur Schließung der Lücke von 5 bis 9 Gigawatt Kapazitätsleistung schlagen die Umweltforscher den Bau zwei neuer 1,9 Gigawatt– Kohlekraftwerke vor, die, wenn sie jetzt in Auftrag gegeben werden, Mitte der 90er Jahre ans Netz gehen könnten. Die Übergangszeit könne durch den Bau kleinerer Gasturbinenreaktoren, eine Dezentralisierung des Stromversorgungssystems und staatlich geförderte Energiesparmaßnahmen überbrückt werden. Die 5.000 Arbeitsplätze in den Atomkraftwerken, die einem solchen Programm zum Opfer fielen, würden an anderer Stelle, so zum Beispiel in der Kohleindustrie, wieder geschaffen werden. So wird allein die bevorstehende Inbetriebnahme des schottischen Atomkraftwerkes in Torness innerhalb eines Jahres 4.500 Bergleuten den Arbeitsplatz wegnehmen. Der Direktor der britischen Elektrizitätsbehörde, John Baker, bezeichnete die „Shut Them Down“–Forderung von Greenpeace dagegen als „lächerlich und unverantwortlich“. Nach seiner Ansicht würde die Schließung aller Atomanlagen mindestens 20 Jahre in Anspruch nehmen, was die Labour Party freuen wird, die von einem Ausstieg „über Dekaden“ spricht. Der Elektrizitäts–Boss griff vor allem die Kostenrechnung der Umweltforscher an. Allein die Abschreibung der Atomkraftwerke werde den Strompreis um 20 Prozent verteuern.