Keine Umsätze - Konto aufgelöst

■ Wie Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose von den Banken ausgegrenzt werden / Die Schufa sieht und weiß alles

Maria–Luise Werner war ehrlich, als sie im vergangenen Jahr ein Girokonto bei der Kölner Stadtsparkasse eröffnete: Auf die Routinefrage des Schalterbeamten nach Beruf und Arbeitgeber gab die 25 jährige wahrheitsgemäß an, Sozialhilfe zu erhalten. Für die Bezahlung ihrer Stromrechnung sowie kleinerer Beträge benötigte sie ein Girokonto - jede Überweisung per Bareinzahlung nämlich kostet drei Mark extra. Sieben Mal griff die Sozialhilfeempfängerin in den vergangenen Monaten auf das bequeme und billige Verfahren zurück. Marie Luise Werner: „Das summiert sich bei Leuten, die jeden Pfennig umdrehen müssen.“ Am 10. April beglich sie das letzte Mal ihre Stromrechnung. Zwei Monate später, am 4. Juni, erhielt Frau Werner ein Schreiben der Stadtsparkasse Köln, in dem es hieß: „Seit einiger Zeit werden auf Ihrem Girokonto keine Umsätze mehr getätigt. Bitte teilen Sie uns mit, ggfs. telefonisch, warum Sie Ihr Girokonto nicht mehr nutzen. Sollten wir bis zum 18.6.86 keine Information erhalten, lösen wir Ihr Girokonto auf.“ Dieser ultimativen Forderung kam Marie–Luise Werner nicht nach, und das Konto wurde kurzerhand aufgelöst. Dieses rigide Vorgehen der Stadtsparkasse Köln bezeichnete selbst der Deutsche Sparkassen– und Giroverband als unüblich. Doch die Erklärung folgt auf dem Fuß: Ein in dieser Form auf zahlungsschwache Kunden ausgeübter Druck sei häufig auf die negativen Auskünfte der „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ (Schufa) zurückzuführen. Dort können die Geldinstitute nämlich abfragen, ob „problematische“ Kunden zuvor bei anderen Banken oder Sparkassen auffällig geworden sind - zum Beispiel dadurch, daß Kredite nicht zurückgezahlt werden konnten. Und wer einmal wegen finanzieller Probleme in der Schufa–Kartei registriert worden ist, kommt nicht so leicht wieder heraus. Das gilt vor allem für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die bei Banken und Sparkassen ohnehin als unbeliebte Kunden gelten, da sie zumeist nur ein Girokonto besitzen, und damit ist aus der Sicht der Geldinstitute kein Gewinn zu machen. Girokontenbesitzer ohne weitere Interessen, so die Banken, seien wegen des kostspieligen Überweisungsverkehrs ein Zuschußgeschäft. Aber häufig kommt es gar nicht erst zur Kontoeröffnung. Eine Stichprobe der nordrheinwestfälischen Verbraucherzentrale ergab, daß bei mehr als einem Drittel von 20 überprüften Zweigstellen der Kundenkreditbank (KKB) Kunden ohne feste Anstellung keine Chance hatten. „Gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen suchen wir uns unsere Kunden selbst aus“, hieß es an den Schaltern. Rein rechtlich ist solch ein Vorgehen korrekt. Doch wie das Beispiel von Marie–Luise Werner zeigt, bieten sich auch nach der Kontoeröffnung noch genügend Möglichkeiten, sozial Schwache aus dem bargeldlosen Zahlungsverkehr auszugrenzen. Thomas Gesterkamp