Libyen macht Kohle

■ Millardengewinne bei Abstoß von Fiat–Aktien / Verkauf ermöglicht Fiat SDI–Beteiligung

Berlin (ap/taz) -Libyen stößt seine Anteile am italienischen Automobilwerk Fiat ab. Das gaben Firmensprecher am Dienstag abend in Turin bekannt. Die Deutsche Bank und das Istituto Finanziario Industriale (IFI), die Holding der italienischen Fabrikantenfamilie und größter Fiat–Aktionär, hätten vereinbart, den libyschen Anteil von 15,9 Prozent zu übernehmen. IFI besaß eine Option auf Rückerwerb der libyschen Beteiligung. Die libyschen Anteile wurden von einer libyschen Gesellschaft für Auslandsinvestitionen (Lafico) gehalten. Nach Börsennotierungen machte der Wert der Anteile drei Milliarden Dollar - das Zehnfache der Anfangsinvestition im Jahre 1977 - aus. Spätestens seit den Versuchen der Reagan–Administration, das Handelsembargo gegen Libyen auch den Europäern, den wichtig sten Handelspartnern des Ölstaates, aufzunötigen, war die libysche Kapitalbeteiligung für das Turiner Unternehmen, das seinerseits einen hohen Anteil an Rüstungsproduktionen aufweist, zu einer Belastung geworden. Mitglieder des amerikanischen Repräsentanenhauses hatten kürzlich die Stornierung eines Rüstungsauftrags des Pentagon an Fiat gefordert, solange die Möglichkeit eines libyschen Gewinnes aus solchen Aufträgen gegeben sei. Wünsche des Konzerns, sich am SDI–Programm zu beteiligen, waren aus den gleichen Gründen vom Pentagon zurückgestellt worden. Die libysche Holding–Gesellschaft hatte schon im Juni Spekulationen über mögliche Verkäufe ausgelöst und stets betont, daß die libysche Beteiligung an Fiat ein rein finanzielles Engagement bedeute. Durch den Verfall des Ölpreises werden die Einkünfte Libyens voraussichtlich um die Hälfte gegenüber dem Vorjahr auf 5–6 Milliarden Dollar 1986 zurückgehen. Dem stehen riesige Kosten gegenüber, wie z.B. die Wasserleitung aus den unterirdischen Reservoirs der Wüste mit 10 Milliarden Dollar Kosten und Zahlungsrückstände im Ausland von über 2 Milliarden Dollar. Außerdem sank in den letzten Monaten die Ölförderrate. Der Börsenwert des gesamten verkauften Fiatpakets soll rund 7 Milliarden Dollar betragen: Oberst Gaddhafi hat sich liquide gemacht. tr