Gewerkschaftsholding BGAG mauert

■ Beteiligungsgesellschaft weist jede weitere Haftung für die Neue Heimat zurück / Situation bei den Regionalgesellschaften des Wohnungsbaukonzerns unterschiedlich / Bremen und Hamburg zeigen Interesse

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Die Gewerkschaftsholding Beteiligungsgesellschaft (BGAG) will nach dem Verkauf der Neuen Heimat an den Berliner Brotfabrikanten mit dem - mit 17 Milliarden Mark verschuldeten - Baukonzern nichts mehr zu tun haben. Sie reagierte auf eine Erklärung von acht Gläubigerbanken, wonach sie aus der Haftung für die Verbindlichkeiten der NH durch den Verkauf keineswegs entlassen sei, mit einer eilfertigen Distanzierung: Sie habe keineswegs „irgendwelche Patronatserklärungen“ zur Absicherung der Verbindlichkeiten der NH–Gemeinnützig abgegeben. Ihre Haftung gegenüber den Banken betrage höchstens die Summe des eingesetzten Stammkapitals, also im Höchstfall 60 Millionen Mark. Die Banken hätten in der Vergangenheit ihre Kreditentscheidung „in voller Kenntnis der bei selbständigen Kapitalgesellschaften geltenden Haftungsbeschränkungen“ getroffen. Damit schält sich immer deutlicher heraus, daß der im engsten Kreis eingefädelte, überraschende Milliardencoup vor allem zum Ziel hatte, den übrigen gemeinwirtschaftlichen Bereich dem Zugriff der Gläubigerbanken zu entziehen. In den Regionen herrscht über das weitere Schicksal der NH– Tochtergesellschaften nach wie vor heftige Verwirrung. In Düsseldorf wurden die Verhandlungen um die Übernahme von 43.000 NH–Wohnungen unterbrochen. Wohnungsbauminister Christoph Zöpel erklärte, daß nun auch die Übernahme durch die Gesellschaft des NH–Käufers Schiesser „eine denkbare Lösung“ sei, wenn Schiesser rechtsverbindlich die Sozialbindung für die Wohnungen garantiere. Die hessische Landesregierung hat inzwischen ihre fortdauernde Bereitschaft zur Übernahme der 30.000 NH–Wohnungen erklärt. Auch Hamburg bekräftigte die Absicht, die 44.000 Wohnungen in der Hansestadt in kommunales Eigentum zu übernehmen. Der SPD–Fraktionsvorsitzende Hennig Voscherau erklärte, die NH– Nord habe einen Kapitalbedarf „von mehreren 100 Millionen Mark“, um annähernd in die Nähe einer Zukunftschance“ zu kommen. Bremen will nach einer Erklärung des Bausenators Bernd Meyer die Gespräche über eine Regionalisierung der NH Bremen/Niedersachsen mit dem neuen Besitzer fortsetzen. Vor einem Verlust der Sozialbindung bei einem eventuellen Konkurs der Neuen Heimat brauchten die Mieter in Bremen keine Angst zu haben: Die schrumpfende Stadt hat die auf dem Markt erzielbaren Vergleichsmieten auf das Sozialmietniveau gedrückt. Berlin denkt nicht an eine Übernahme der rund 22.000 NH–Wohnungen in Landesbesitz, ist aber nach Aussagen des Bausenators Wittwer bereit, durch finanzielle Hilfestellung das Überleben der Berliner NH–Tochter zu sichern. In Kiel hat man ab sofort alle Darlehen für die 16.000 Wohnungen in Schleswig–Holstein gekündigt, um ein vorzeitiges Auslösen aus der Sozialbindung durch den neuen Besitzer zu verhindern. In Bayern und Baden–Württemberg gibt es keine Absicht, die Wohnungen in Landeseigentum zu übernehmen. In Baden–Württemberg gibt es Gespräche mit den Kommunen zur Übernahme der am Ort befindlichen Wohnungen.