Der Nutzen von Tatarenmeldungen

■ Bulgarien schließt sich DDR an / Transitvisum nur noch bei Anschlußvisum / Von Flüchtlingsströmen aus dem Iran über Bulgarien nach Berlin keine Spur / Fehlinformation des deutschen Konsulats in Istanbul

Berlin (taz) -Die Tausenden iranischen Flüchtlinge, die sich am Wochenende nach Meldungen des Bonner Auswärtigen Amtes von der Türkei aus in die Bundesrepublik in Bewegung gesetzt haben sollen, hat es nicht gegeben. Daß es sie auch in nächster Zeit nicht geben wird, dafür haben die Tatarenmeldung und die darauffolgenden Krisensitzungen in Bonn nun gesorgt: Bulgarien hat sich auf Druck der bundesdeutschen Behörden bereiterklärt, wie die DDR nur noch solchen Reisenden ein Transitvisum zu erteilen, die über ein Einreisevisum in die Bundesrepublik verfügen. Solche Einreisevisa werden allerdings für Flüchtlinge in aller Regel nicht er teilt. Die iranischen Flüchtlinge in der Türkei ziehen es aus diesem Grund zumeist vor, illegal über Berlin in die Bundesrepublik einzureisen. Durch die angekündigte Zurückweisung der Flüchtlinge durch die bulgarischen Grenzbehörden ist dieser Fluchtweg nun abgeschnitten. Diese für die Bundesbehörden so erfreuliche Wendung ist durch eine Meldung ausgelöst worden, die in Bonn und Berlin am Wochenende erhebliche Panik ausgelöst hatte. 600 Busse mit 27.000 iranischen Flüchtlingen seien aus Istanbul in die DDR unterwegs, hatte das BRD–Konsulat in Istanbul gemeldet. Gesichtet wurden allerdings nur sieben Busse mit 182 iranischen Flüchtlingen, die die türkische Grenze nach Bulgarien passierten. Auf Anfrage der taz, woher denn die Information mit dem angeblichen Flüchtlingsstrom komme, erklärte ein Angehöriger der Rechts– und Konsularabteilung des Konsulats in Istanbul, es habe aus Kreisen iranischer Flüchtlinge in letzter Zeit verstärkt Hinweise auf eine „Torschlußpanik“ gegeben, da die DDR ab 1. Oktober nur noch solchen Reisenden ein Transitvisum ausstellen will, die über ein Anschlußvisum in ein anderes Land verfügen, und es sei kolportiert worden, daß alle Busplätze in die Bundesrpublik ausverkauft seien. Auf konkrete Angaben hat sich der Bericht des Konsulats an das Auswärtige Amt offenbar nicht gestützt. Wo die sieben Busse mit den Iranern geblieben sind, die am Wochenende in Sofia gesichtet worden waren, konnte der Beamte nicht sagen. Er erklärte jedoch, sie seien in die Türkei zurückgewiesen worden und er hoffe, daß die Maßnahmen auch die iranischen Flüchtlinge abschrecke, die in der Türkei noch auf ihre Weiterreise warten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Bonn erklärte, letztlich komme es darauf an, daß die Bulgaren nun mit den Flüchtlingen ebenso verfahren wie die DDR. Wozu doch eine Tatarenmeldung manchmal gut ist. Antje Bauer